Ich wollte unbedingt einen Sonnenaufgang über Ober-Ingelheim und der Burgkirche. Doch das Wetter machte es mir im September nicht gerade einfach.
Im August war ich zu einem Termin in Ingelheim. Anschließend fuhr ich zum Bismarckturm hinauf, um dort oben mögliche Stellen für mein Sonnenaufgangsfoto im September zu erkunden. Der Bismarckturm ist ein markanter Bau, der vom Rheintal aus gut zu sehen ist. Von dort aus hatte ich eine sehr gute Rundumsicht und auch eine gute Sicht auf die Burgkirche in Ober-Ingelheim. Die Burgkirche hatte ich für mein Sonnenaufgangsfoto für den September erkoren.
Leider schied der Bismarckturm für mich aus, denn auf einer Informationstafel an der Tür sah ich die Öffnungszeiten: Von April bis September ist der Bismarckturm von 9 bis 20 Uhr geöffnet. Der Sonnenaufgang ist im September allerdings vor 7:30 Uhr. Auch ein Verschieben auf einen späteren Monat hätte nichts gebracht, denn von Oktober bis März ist der Turm von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
Doch ich fand eine Stelle unterhalb des Parkplatzes und des Bismarckturms. Rechts vom Bismarckturm geht ein kurzes Straßenstück hinunter, und dann ein Stück weiter nach rechts gibt es einen Durchgang zu einer Wiese am Waldrand. Von dort aus wollte ich den Sonnenaufgang fotografieren. Oder von einer Stelle weiter unten, etwa 300 Meter, bevor die Zufahrtsstraße am Kreisel zur L428 zwischen Ingelheim und Nieder-Olm stößt.
Inhaltsverzeichnis
Burgkirche Ingelheim
Die Burgkirche liegt in Ober-Ingelheim. Ober-Ingehheim war Ingelheim-Süd und auch eine eigenständige Gemeinde, jetzt ist es ein Stadteil von Ingelheim. Die Burgkirche reizte mich, weil sie sehr gut erhalten ist und außerdem sehr gut von der anderen Seite des Selztals zu sehen ist.
Die Burgkirche in Ingelheim im Landkreis Mainz-Bingen, Rheinland-Pfalz, ehemals St. Wigbert genannt, ist eine spätgotische Wehrkirche. Sie wurde in verschiedenen Bauabschnitten bis zur ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts fertiggestellt. Sie ersetzte einen romanischen einschiffigen Vorgängerbau aus dem 12. Jahrhundert. Sie ist von einer mittelalterlichen Wehranlage umgeben und gilt deswegen als eine der am besten erhaltenen, befestigten Kirchenbauten im süd- und westdeutschen Raum.
(Seite „Burgkirche (Ingelheim)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Mai 2017, 18:55 UTC. (Abgerufen: 2. Oktober 2017, 12:54 UTC))
Außerdem komme ich immer daran vorbei, wenn ich zum Ingelheimer Rotweinfest oder zum Ingelheimer Weihnachtsmarkt gehe. Weiterhin wollte ich unbedingt Ingelheim in meiner #12SunriseRheinhessen-Liste haben, weil ich in Ingeheim geboren bin. Ich wohnte dort meine ersten vier Jahre, bis meine Mutter (aus Höchst im Odenwald) und mein Vater (aus Schwabenheim an der Selz) nach Höchst zogen und dort bauten. Ich habe nur ganz verschwommene Erinnerungen an Ingelheim, aber es ist einer meiner Heimatorte neben Höchst im Odenwald, Mainz, Schwabenheim an der Selz und inzwischen nach fünf Jahren auch irgendwie Selzen.
Bismarckturm Ingelheim
Tja, und der Bismarckturm liegt schon sehr gut für Fotos der Burgkirche. Von oben gibt es eine Rundumpanoramasicht auf den Eingang zum Mittelrhein, das Rheintal, Ingelheim und Ober-Ingelheim, das „Endstück“ vom Selztal und den Westerberg. In der Ferne kann man nicht nur die Türme auf dem Taunus, sondern auch den Funkturm bei Essenheim erkennen.
Im August drehte ich einen kurzen Panoramaschwenk auf dem Bismarckturm (Direktlink Youtube):
In ganz Deutschland und auch im Ausland wurden Bismarcktürme gebaut zu Ehren und in Erinnerung an Otto Fürst von Bismarck.
Von 240 Bismarcktürmen sind heute noch 173 vorhanden. In der Bundesrepublik Deutschland sind noch 146 von ehemals 184 Türmen erhalten.
(Seite „Bismarckturm“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. September 2017, 08:12 UTC. (Abgerufen: 30. September 2017, 16:05 UTC))
Die Türme waren eine Form der Bismarckdenkmäler:
Bismarckdenkmäler wurden seit 1868 zu Ehren des langjährigen preußischen Ministerpräsidenten und ersten deutschen Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck an vielen Orten des damaligen Deutschlands (heute teilweise Dänemark, Frankreich, Polen und Russland), in damaligen Kolonien sowie auch auf anderen Kontinenten errichtet.
(Seite „Bismarckdenkmal“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. September 2017, 15:10 UTC. (Abgerufen: 30. September 2017, 16:03 UTC))
Über den Bismarckturm von Ingelheim informiert eine Bronzetafel am Eingang des Bismarckturms:
Erbaut vom Rheinhessischen Bismarckverein
Architekt Professor Wilhelm Kreis
18.08.1902 Grundsteinlegung
18.08.1912 Einweihung
Höhe 31 m
Eine Informationstafel am Eingang des Bismarckturms meint noch:
Der Bismarckturm war seinerzeit als Zeichen patriotischer Gesinnung und als Gegenstück des 1871 errichteten Niederwald Denkmals bei Rüdesheim gedacht.
Insgesamt war das Duo Bismarckturm und Burgkirche also sehr reizvoll für mich – gewesen, denn mit dem Bismarckturm wurde es ja vermeintlich nichts.
Der erste Versuch #12SunriseRheinhessen
Am 21. September wollte ich dann die Sonnenaufgangsfotos für den September machen. Das erste Mal im September klappte es vom Wetter her und auch bei mir zeitlich. So langsam war ich nervös geworden, denn ich hatte nur noch ein paar Tage im September. Am Mittwochabend zuvor versprachen verschiedene Wetterdienste mir ein sonniges und klares Wetter für den nächsten Morgen.
Als ich am Donnerstagmorgen aufstand und durch das Fenster schaute, starrte ich auf Nebel. Nebel ist an und für sich ja nichts Unbekanntes in Deutschland. Doch gerade im Selztal gibt es im Frühling und besonders im Herbst immer wieder Tage, an denen der Nebel eine richtig dicke Suppe im Tal ist. Oft dauert es bis in die Mittagsstunden, bis er sich verzieht. Manchmal, immerhin, beschränkt er sich auf ein paar Dutzend Meter links und rechts der Selz und nur bis zu einer bestimmten Höhe, so dass man auf den Höhenzügen das schönste Wetter hat. So geschieht es, dass bei uns in Selzen der Nebel wütet, und auf dem Weg nach Nieder-Olm liegt auf der Höhe die Ortschaft Zornheim in kräftigstem Sonnenschein.
Irgendwie hoffte ich auf genau so eine Situation. Ich fuhr also durch das Selztal und dann zum Bismarckturm hinauf. Aber auch dort dicker Nebel. Ich ging zur Wiese und hoffte darauf, dass sich der Nebel noch senken würde.
Ich hoffte vergebens. Ganz kurz nur schimmerte eine kleine gelbe Sonne durch die Nebeldecke. Als ich dann schließlich aufgab und zum Bismarckturm und zum Parkplatz zurückkehrte, lag die Spitze des Bismarckturms in der Sonne. Mist. Aber die Tür war eh abgeschlossen. Trotz der angeschriebenen Öffnungszeiten hatte ich gehofft und am frühen Morgen versucht, ob die Tür vielleicht doch offen wäre.
Dann eben nicht.
Der zweite Versuch #12SunriseRheinhessen
In der darauffolgenden Woche versprach die Vorhersage mir am Montag für den Folgetag klares sonniges Wetter zum Sonnenaufgang. Tatsächlich war der Himmel in Selzen sternenklar. Also der nächste Versuch. Ich fuhr nach Ingelheim und dort zum Bismarckturm hoch. Ich jubilierte innerlich, als ich den Wagen dort auf dem Parkplatz abstellte. Sternenklar war auch hier der Himmel! Schließlich ist es manchmal so, dass der Nebel aus unerfindlichen aber gemeinen Gründen da oder dort meint, erscheinen oder verschwinden zu müssen.
Nahezu beiläufig riskierte ich einen Blick auf die Tür des Bismarckturms. Yeah, offen! Ich konnte mein Glück kaum glauben. Warum auch immer dem so war, ich nutzte die Gelegenheit. Es würde mich schon keiner einschließen. Und selbst wenn: Um 9 Uhr würde die Tür wieder geöffnet werden (und ich hatte ja mein Telefon dabei).
Also nichts wie rauf. 124 Treppenstufen dauerte es, bis ich oben war. Ich weiß das, weil ich das später nach meinem Joggen der Hiwwelttour Bismarckturm nachzählen würde.
Die Luft und der Himmel waren einigermaßen klar. Ich konnte bis zum Mittelrhein bei Bingen blicken, wo eine dicke Nebelwand den Eingang verbarrikadierte. Auch im Rheintal bei Ingelheim verborg ein großes Nebelband große Gebiete. Doch nach Osten zum Selztal war kein Nebel im Tal. Auf den Hügeln gab es ein paar sehr dünne Nebelschwaden. Egal. Hauptsache …
Eben. Wolken am Horizont in Richtung Osten. Dicke fette Wolkenbänder. Und die Wolkenbänder wurden immer fetter. Und sie zogen sich sogar fast bis über den Bismarckturm. Dennoch wollte ich nicht aufgeben. Ich stellte mein Stativ auf. Es war windig auf dem Bismarckturm, aber ich hatte Kaffee dabei. Von hier oben waren immerhin Ingelheim und Boehringer Ingelheim sehr gut zu sehen.
Um 7:20 Uhr sollte die Sonne aufgehen. Ich war ziemlich enttäuscht, denn die Wolken verzogen sich nicht.
Sonnenaufgang über Ober-Ingelheim und der Burgkirche
Doch dann, gegen 8:35 Uhr, öffnete sich für etwa zwei oder drei Minuten eine Lücke in der Wolkendecke. Eine rötliche kleine Sonne blinzelte mir ein eine Zeit lang zu. Dann schloss sich die Lücke wieder, und es war aus, aus, aus!
Ich wollte dennoch irgendwie nicht aufgeben. Außerdem war mein Kaffee noch nicht alle. Und die Sicht in die Rheinheben und Ober-Ingelheim war klar. Und so verbrachte ich noch fast eine halbe Stunde auf dem Bismarckturm, einfach nur so.
Dann begann ich meinen Rucksack zu packen. Als letztes waren Stativ und Kamera dran. Doch da öffnete sich wie zum Hohn nochmals eine Lücke in der Wolkendecke. Nicht sehr hell und nicht lange, doch ein Lichtstrahl senkte sich auf die Hügel bei Essenheim. Wenn ich genau hinschaute, konnte ich sogar den Essenheimer Funkturm für ein paar Momente genau im Zentrum des Lichtstrahls erkennen. Dann war es wieder aus, aus, aus!
Ich packte Stativ und Kamera ein und stieg hinab, um mir im Auto meine Jogging-Klamotten anzuziehen.