Guten Morgen Sonntag. Staunend blinzele ich auf die Uhr. Es ist kurz nach halb sechs Uhr, und ich bin von selbst wach geworden. Irgendwie habe ich sofort den Verdacht, dass unsere Katze Lani wieder auf mir herumgetrampelt ist.
Doch das spielt keine Rolle, denn ich wollte sowieso in wenigen Minuten aufstehen. Draußen wird der Himmel bereits langsam hell. Ein mitteldunkles Grau löst das tiefe Schwarz der wolkenlosen Nacht ab. Ich stehe auf, schnappe mir meine Laufklamotten, die ich am gestrigen Abend bereits griffbereit legte. Ich hatte mich für die lange Laufhose und das lange Shirt entschieden. Eine gute Wahl, wie sich herausstellen würde.
Ein paar Minuten darauf verlasse ich die Wohnung, greife nach meinen Laufschuhen vor der Wohnungstür. Ich starte die Aufzeichnung auf der Garmin Uhr und Runtastic auf dem Smartphone. Dann trabe ich durch Selzen die Gaustraße entlang zur Bergstraße. Als ich aus Selzen herauskomme, freue ich mich über meine Wahl der langen Klamotten, denn frisch bläst der Wind.
Einige Woche hatte ich – mal wieder – Laufpause. Irgendetwas ist ja immer. Ich bin gespannt, wie ich den Berg hinauf schnaufe. Zunächst klappt es gut mit dem Laufen. Als rechts vom Weg der erste Weinberg beginnt, höre ich irgendwelche Geräusche. Zuerst tippe ich auf einen Winzer, doch dann brechen zwei Rehe aus dem Weinberg hervor. Das eine galoppiert weiter hinunter. Das zweite verharrt kurz, um dann in Panik wieder in den Weinberg zu rennen. Am Wingertshäuschen halte ich kurz an, mache Fotos und blicke auf Selzen und das Tal. Die Luft ist erstaunlich klar. Manchmal hält sich bei uns der Dunst im Tal, manchmal sogar bis in die Weinbergshänge und manchmal bis zur Mittagszeit.
Weiter trabe ich den Hang hinauf. Als der Zuweg zur Hiwweltour Zornheimer Berg nach rechts abgeht, biege ich nach links und kurz darauf von dem asphaltierten Weg einen steilen Feldweg nach rechts hoch ab. Das Keuchen wird vernehmlicher, und dann (sicherheitshalber, rede ich mir ein) wechsle ich vom Laufen ins Gehen. Ein Hase hoppelt vor mir auf den Weg und dann locker vor mir auf dem steilen Weg mir davon. Dann bin ich oben, fast oben. Wieder in den Trab wechseln und dann … Blick auf das Tal, den Mond und das rote Band im Osten.
Den ganzen Lauf schon begleitet mich der Mond. Am Wingertshäuschen konnte ich ihn für ein Foto genau über dem Dach festpinnen. Vor zwei oder drei Tagen war Vollmond. Genial. Der Mond geht unter. Und wenn ich so weiter trabe, dann bin ich genau zum Sonnenaufgang an der Selzstellung oben auf dem Zornheimer Berg.
Weiter geht es am Rand der Höhe entlang in Richtung der beiden großen Windräder. Das vordere bewegt sich nicht, das andere dreht gemächlich seine Runden. Daran vorbei und ein kurzer Blick zurück nach Osten. Das Morgenrot und das Morgenorange werden heller und gleichzeitig kräftiger.
An der Selztstellung halte ich, die Apps schalten automatisch auf Pause. Ich atme tief ein und aus und genieße die Augenblicke. Natürlich, ich kann es nicht lassen. Mit dem Smartphone schieße ich Fotos, um die Momente einzufangen. Dann ist es soweit: Die Sonne schiebt sich über den Horizont. Zuerst blutrot, dann wechselt sie nach und nach ins Orange. Ich atme bewusst und schiebe eine kurze Meditation ein.
Carpe momentum.
Dann laufe ich ein Stückchen zurück und am oberen Windrad vorbei in Richtung Zornheim. Am Ruhkreuz wähle ich den oberen befestigten Wirtschaftsweg und trabe in den Schatten hinein und in Richtung Sörgenloch.
Wieder ein Wingertshäuschen. Noch nicht das Wingertshäuschen “Am Hohberg”. Dennoch, wieder ein kleiner Halt zum Genießen. Hier bin ich gleich wieder in der Sonne, die jetzt über dem Zornheimer Berg aufgeht. Die Luft ist frisch und klar. Immer noch geht ein leichtes Lüftchen. Ich genieße meinen zweiten Sonnenaufgang für diesen Tag.
Kurz darauf, am Wingertshäuschen “Am Hohberg” biege ich nach links auf der Hiwweltour Zornheimer Berg ab und laufe vorsichtig den Hang hinunter. Den ganzen Morgen schon zwitschern oder schreien irgendwo Vögel. Irgendwo höre ich einen Turmfalken.
Die Rebstöcke haben angefangen auszutreiben, jetzt kann den Frühling nichts mehr aufhalten. Doch fast auf den Tag genau vor zwei Jahren geschah genau dies: Frost hielt im April den Frühling auf, und viele Winzer verzeichneten gravierende Frostschäden. Nein, dieses Jahr nicht. Ganz bestimmt nicht.
Als die Hiwweltour nach Osten abbiegt, biege ich nach Westen und kurz darauf hinunter in Richtung Wahlheimer Hof. Dort quere ich vorsichtig die Straße, und kurz darauf die Selz. Die Sonne steht immer noch richtig schön tief. Sie liefert ein wunderschönes Licht, als ich an der Selz entlang in Richtung Selzen und an Hahnheim vorbei laufe.
Die “Grenzbrücke” zwischen Hahnheim und Selzen überquere ich, um links von ihr einen kleinen Schlupfweg hinunter zur Selz zu gehen. Hier möchte ich nicht über die zahlreichen Schottersteine der ehemaligen Amiche Bahntrasse stolpern.
An der Selz führt ein Spaziergänger seinen Hund aus. Wir grüßen uns, dann bin ich an ihm und seinem Hund vorbei. Weiter, nur noch wenige hundert Meter. Ich genieße die Ruhe. Nach rund einer Stunde und 10 Kilometern stoppe ich die Apps und schnaufe auf dem alten evangelischen Friedhof ein wenig aus.
Guten Morgen Rheinhessen.
[flickr_set id=“72157708002338675″ images_height=“280″]
Wie schön, dass deine Wadenmuskulatur wieder mitspielt und du deine Sunrise-Runs wieder genießen kannst (während ich mich im Bett nochmals umdrehe und eine Runde weiterschlafe 😉 )
Mögen die Götter des Umdrehens weiter mit Dir sein!