Im Selztal bei Hahnheim, Sörgenloch und Nieder-Olm weiden die Rinder der „Rindsköpfe” in Naturschutzgebieten. Die Rinder verhindern eine Verbuschung und tragen damit für die Erhaltung der Ökosysteme bei.
Als die Landschaft grün und die Weiden saftig waren, traf ich mich bei Sörgenloch im Selztal mit Stephan Graef und Lorenz Frey. Seit dem Jahr 2020 beweiden die beiden „Rindsköpfe” mit ihren Rindern das Selztal zwischen Hahnheim und Nieder-Olm. Die Rinder verhindern das Verbuschen der Naturschutzgebiete, und ich konnte Rindfleisch genießen.
Schon lange war mir bei Läufen und bei Wanderungen im Selztal in den Naturschutzgebieten Hahnheimer Bruch und An der Lausau aufgefallen, dass inmitten der Gräser und Büsche Rinder weideten. Im letzten Jahr dann waren die Zäune erneuert und Hinweisschilder an den Zäunen. „Rindsköpfe, das ist aber ein lustiger Name” dachte ich. Für irgendwann nahm ich mir vor, bei den Rindsköpfen anzurufen.
Irgendwann tat ich das auch, und dann klappte es mit einem Treffen am Sportplatz von Sörgenloch. Vorher hatte ich schon mit Lorenz telefoniert, und beim Treffen war auch Stephan dabei. Hemdsärmelig und locker begrüßten wir uns, um dann gemütlich hinunter zur Selz und hinter der Brücke nach links am Zaun entlangzuschlendern.
Zwischen ein paar Baumgruppen war bald eine Rinderherde zu sehen. Stephan und Lorenz pfiffen und riefen. Die Rinder seien daran gewöhnt, dass sie dann Leckereien erwarten könnten. Falls ein Rind doch einmal ausbüchst, könnten sie damit herangelockt werden. Es dauerte ein wenig, aber dann trabten sie herbei. Zugegebenermaßen war es ein gemütlicher Trab durch das Naturschutzgebiet An der Lausau. Noch ein Stück weiter ist dann das Naturschutzgebiet Hahnheimer Bruch, auch dort steht immer mal wieder eine Herde.
Erste Flächen zur Renaturierung kaufte die Naturschutzorganisation NABU, heute ist der Selzverband Eigentümer der Flächen. Naturschützer wie Siegfried Schuch, ehemaliger Vorsitzender des NABU Rheinland-Pfalz, beobachteten in dem Gebiet „mit tollen Schilfbeständen“ im Jahr 2019 mehr als vierzig Brutvogelarten, darunter Zwergtaucher, Drosselrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Rohrweihe, Rohrschwirl und Bekassine. Inzwischen sei die Selz im Hahnheimer Bruch wieder Laichort zahlreicher Fische und Amphibien, sagen andere Naturschützer
Der Hahnheimer Bruch der Selz ist wie inzwischen viele renaturierte Abschnitte von Bachläufen ein Projekt der Aktion Blau+ des Landes Rheinland-Pfalz. Mit der Aktion werden Bachläufe renaturiert, um einerseits Pflanzen und Tiere dort anzusiedeln und um andererseits die Sünden der Begradigungen im 20. Jahrhundert abzumildern.
Bei Hahnheim begann der Selzverband im Jahr 1998 mit dem Ankauf von 6 ha Flächen am Selzufer zur Vorbereitung der eigentlichen Renaturierungsmaßnahme. Diese erfolgte dann im Spätherbst 2003. Durch Öffnung des entlang der Selz verlaufenden Damms an drei Stellen auf insgesamt 30 Metern wurde der Natur im wahrsten Sinne des Wortes zum Durchbruch verholfen.
Seitdem kann der Hahnheimer Bruch wieder als Retentionsraum fungieren: bei höheren Wasserständen fließt das Wasser der Selz in den Bruch hinein, der es anschließend zeitverzögert und mit einer deutlich niedrigeren Fließgeschwindigkeit wieder an die Selz zurückgibt.
(Selz – Renaturierung im Hahnheimer Bruch – Aktion Blau+)
Inhaltsverzeichnis
„Black Angus”- und Jersey-Rinder
Rinder kenne ich vor allem als Steaks. Natürlich habe ich schon einmal von „Black Angus”-Rindern gehört. Ausgehend von den Aberdeen Angus (aufgrund der Schwarzfärbung als Black Angus bekannt) entstanden durch Kreuzung mit anderen Rinderrassen weitere Rassen wie Deutsches Angus und das Wangus-Rind. So 700 kg können da auf einen zutraben (bestimmt auch schneller als ich rennen kann).
Aber die braunen Rinder? „Jersey-Rinder!” Die Rasse kommt ursprünglich von der Insel Jersey (ach was?!). Die Tiere erreichen als Hausrind nicht das Gewicht der Black-Angus-Rinder, sie sind jedoch weit verbreitet.
Die Rinderrasse wird wegen ihrer hohen Milchleistung, ihrer Robustheit und ihres sanftmütigen Temperaments weltweit geschätzt.
Die Jersey-Rinder waren neugieriger als ihre Kollegen, die sich etwas im Hintergrund hielten.
Naturschutz im Selztal mit Rindern
Aber warum gibt es hier im Selztal in den Naturschutzgebieten Rinder? Ist das Gelände nicht viel zu uneben und zu verwachsen?
Irgendwie schon. Aber dass das Gelände nicht viel mehr verwachsen und vor allem zugewachsen sei, das liege an den Rindern, erklären mir die beiden Rindsköpfe Stephan und Lorenz. Denn Naturschutzgebiete bleiben unberührt und werden nicht regulär bewirtschaftet. Dadurch aber würden die Naturschutzgebiete im feuchten Selztal im Laufe der Jahre immer mehr verbuschen und dadurch wertvolle Tier- und Pflanzenwelt wieder verdrängt. Tja, aber dagegen gibt es die Rinder. Sie verhindern, dass die Büsche zu stark und groß werden. Sie trampeln über die Wiesen und halten durchs Fressen den Bewuchs niedrig.
Der Selzverband der beiden Landkreise Alzey-Worms und Mainz-Bingen ist für die Renaturierung und Unterhaltung der Selz zuständig. Um die Verbuschung zu vermeiden, vergibt er auch die Beweidung in den Naturschutzgebieten zwischen Hahnheim und Nieder-Olm. Letztes Jahr bekamen Stephan und Lorenz den Vertrag für die weitere Beweidung des Selztals. In Rheinauen südlich von Mainz hatten sie schon länger Black Angus Rinder. Stephan hat die Rindsköpfe im Jahr 2007 gegründet, in 2015 kam Lorenz dazu. Stephan kümmert sich um Maschinen und Organisation, Lorenz um Stroh und Heu für die Rinder. Dabei achten sie auch auf die Abstimmung mit dem NABU als beratende Stelle.
Beide Rindsköpfe haben noch einen Job, den sie jeweils in Teilzeit ausüben. Rinder, Stroh und Heu beanspruchen inzwischen sehr viel Zeit. Rund 100 Rinder haben sie inzwischen. Ich schaute noch einmal zurück, und die Herde kam mir gar nicht so groß vor. Doch ich hatte bislang nur einen Teil der Selztalrinder, der Fläche und der Wahrheit gesehen.
Wasserbüffel im Selztal
Auf der westlichen Seite der Selz ging es auf einem Feldweg weiter nach Norden, an einem kleinen See vorbei und weiter in Richtung Nieder-Olm. Da ginge es dann zum anderen Teil: Wasserbüffel im Naturschutzgebiet Der Hohenberg!
Die Wasserbüffel sind noch einmal um einiges robuster und schwerer als die anderen Rinder. Damit schaffen sie ein Problem beiseite, bei dem die Black-Angus- und Jersey-Rinder nicht helfen können: Schilfrohr.
In den Naturschutzgebieten des feuchten Selztals steht oft Wasser. Es bilden sich Teiche und Uferzonen, in denen das Schilfrohr wuchert. Da kommen die Wasserbüffel ins Spiel: Nur sie können das Schilfrohr „plattmachen”, die anderen Rinderrassen versagen dabei. Unter Umständen muss dann mit Maschinen nachgeholfen werden. So aber durchqueren die Wasserbüffel auch die Selz, weswegen auf der Ostseite auch ein Zaun angebracht ist.
Ich habe den Spaziergang im Selztal mit den Rindsköpfen sehr genossen. Unaufgeregt und dennoch mit vielen Einblicken streunte ich mit Lorenz und Stephan auf den Feldwegen und durch die Wiesen an der Selz.
Rindfleisch aus Selztalrindern zum Kaufen
Die Aufgabe der Selztalrinder ist es, die Verbuschung zu vermeiden. Sie bleiben das ganze Jahr draußen und im Selztal, sie ernähren sich ausschließlich von Gras, Heu und Stroh.
Von Zeit zu Zeit jedoch wird ein Rind geschlachtet, und das Rindfleisch kann bei den Rindsköpfen als Fleischpakete (Maxi oder Mini), Salami und Filet bestellt werden. Geschlachtet wird ein Rind frühestens nach 20 Monaten, es gibt kein Kalbfleisch. Außerdem wird ein Rind erst dann geschlachtet, wenn es komplett verkauft ist!
Hier könnt Ihr Euer Paket bestellen!
Wasserbüffelfleisch gibt es derzeit noch nicht, aber das kann noch kommen.
Fleisch-Lieferung
Wir haben ein Maxipaket, Salamis und ein Filet bestellt, und die Lieferung kam etwa nach zwei Monaten. Lorenz brachte uns die Lieferung vorbei. Alles war portioniert und vakuumiert, und nur das Hackfleisch war eingefroren. So sah die Aufteilung der 10.190 g unseres Maxipakets aus:
- Rinderhackfleisch in 5 Packungen: 2.656 g
- Rindswürste, 12 Stück in 2 Packungen: 1.450 g
- Rinderbraten in 1 Packung: 1.336 g
- 6 Rouladen in 3 Packungen: 902 g
- Suppenfleisch in 3 Packungen: 2.732 g
- Gulasch in 1 Packung): 502 g
- 2 Rumpsteaks in 1 Packung: 612 g
Rhoihessisch Beef & Merlot Stew (Rheinhessischer Eintopf)
Ich liebe Eintöpfe und Pfannengerichte im Herbst. Genau richtig war da die Rindfleisch-Lieferung von den Rindsköpfen. Inspiriert von einem Irish-Stew-Rezept bereitete ich mit Suppenfleisch von den Selztalrindern und Merlot-Rotwein aus Selzen einen rheinhessischen Eintopf zu. Das Rezept gibt es hier im Blog: