Am 30. Juli 2016 wanderten Manuela und ich durch das Selztal von Alzey bis nach Selzen. In diesem Artikel beschreibe ich die Anreise, die Strecke vom Alzeyer Bahnhof durch das Stadtzentrum von Alzey und durch das Selztal über Framersheim und Gau-Odernheim bis vor den Petersberg.
Alle drei Artikel zu dieser Selztalwanderung:
- Probewandern: Selztalwanderung von Alzey nach Hahnheim/Selzen (Ausrüstung)
- Wandern im Selztal (1): Von Alzey nach Gau-Odernheim (dieser Artikel)
- Wandern im Selztal (2): Vom Petersberg nach Selzen
Ende Oktober 2016 machten wir eine zweite Tour: Wandern im Selztal (3): Von Ingelheim nach Selzen
Inhaltsverzeichnis
Test für Rheinterrassenwanderung
Für dieses Jahr habe ich mir eine mehrtägige Rheinterrassenwanderung vorgenommen. Die Selztalwanderung diente als „Probewanderung“ mit vollem Gepäck und mit einer Länge von mehr als 20 Kilometern. Die Route hatte ich mir auf Outdooractive zusammengestellt (Selztal von Alzey nach Hahnheim/Selzen):
Anreise mit dem Bus
Es ist Samstagmorgen. Wir sind euphorisch und doch nervös. Zum ersten Mal wandern wir eine Strecke dieser Länge. Und ich habe die komplette Ausrüstung wie für die Rheinterrassenwanderung dabei. Dazu gehört auch, dass ich mit dem neuen, noch nicht getragenen Rucksack und der Ausrüstung etwas über 6 Kilogramm auf dem Rücken habe. Wird der Rucksack bequem sein? Werde ich Blasen an den Füßen bekommen. Nervös? Ich? Irgendwie schon ein bisschen.
Nach einem Kaffee und einem kleinen leichten Frühstück gehen wir aus dem Haus und laufen ein paar hundert Meter bis zur Bushaltestelle „Selzen Ortseingang“. Wir sind etwa eine Viertelstunde vor dem Bus da. Nervös, dass wir den Bus verpassen könnten? Ähm, … irgendwie schon. Unter der Woche fahren die Busse recht regelmäßig. Spätestens alle Stunde, manchmal auch öfter, fährt ein Bus der ORN-Linie 660 zum Hauptbahnhof Mainz oder in die Gegenrichtung zum Bahnhof Alzey. Samstags und sonntags jedoch fahren die Busse seltener. Wir müssten zwei Stunden auf den nächsten Bus warten. Damit würde sich das Wandern für heute erledigen.
Um 9:37 Uhr sitzen wir dann glücklich und immer noch ein bisschen nervös im Bus. Auf der Fahrt können wir schon ein paar der Ortschaften sehen, durch die wir später kommen wollen. Auch den Petersberg glauben wir zu erkennen (was sich später bestätigt). Gegen 10:20 Uhr steigen wir am Alzeyer Bahnhof aus. Wir kontrollieren unsere Ausrüstung, unsere Kleidung und unsere Schuhe. Und dann starte ich mit der Outdooractive-App die Navigation meiner geplanten Route.
In Alzey
Vom Bahnhof aus geht es hinunter ins malerische Zentrum von Alzey. Es sind viele Leute in Alzey, das Wetter ist gut. Kinder spielen am Brunnen. Die App leitet uns zuverlässig durch das kleine Städtchen zum Saar-Rhein-Main-Weg. Vermutlich würden wir den Weg auch ohne die App finden, denn da sind entsprechende Hinweisschilder. Wir laufen den Schildern und der App nach und kommen dabei am Weingut Stadt Alzey vorbei, gehen durch ein Stadttor und kommen an der Burg vorbei.
Nachdem wir eine Verkehrsstraße überqueren, sind wir schnell in einem Wohngebiet. Die Straße wird schmaler, und dann laufen wir einen Weg entlang, der links von Schrebergärten und rechts von der Selz flankiert wird.
Auf dem Land
Kaum sind wir unter der Talbrücke Weinheim und der A63 hindurch, da wird es richtig ländlich. Das Wetter ist gut aber nicht heiß und vor allem: Trocken. Überall fahren die Mähdrescher, um das Getreide einzufahren, solange es trocken bleibt.
Am Freitag noch haben wir uns auf seiner Vernissage mit dem Künstler, Bauer und Winzer Tobias Mohr in Selzen unterhalten. Am Donnerstagabend hatte ein Mähdrescher-Betreiber ihn angerufen, ob er noch Zeit hätte, um sein Getreide einzufahren. Glücklicherweise hatte der Bauer sich dazu entschlossen, denn pünktlich zum Ende des Einfahrens hatte es begonnen, stark zu regnen.
Wir folgen dem asphaltierten Weg, der auch von Radfahrern genutzt wird. Auf dem Selztal-Radweg (Rheinhessen.de: Selztal-Radweg) kann man von der Quelle der Selz durch das ganze Selztal bis nach Ingelheim am Rhein fahren, wo die Selz in den Rhein mündet.
Der Selztal-Radweg ist ein 65 km langer Radwanderweg und führt von der Quelle der Selz in Orbis durch Rheinhessen bis zur Mündung in den Rhein bei Ingelheim. Er verläuft zum Teil auf oder neben den ehemaligen Bahntrassen „Amiche“ und „Zuckerlottche“ durch die vom Weinbau geprägte Rheinhessische Hügellandschaft. Der gesamte Weg ist einheitlich beschildert und in beide Richtungen leicht befahrbar.
(Seite „Selztal-Radweg“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2015, 18:43 UTC.)
Wandern genießen
So langsam kommen wir in einen zügigen Wandertrott. Manchmal hechele ich Manuela hinterher, weil ich fürs Fotografieren stehengeblieben bin. Und manchmal bleiben wir einfach stehen, um die Landschaft und die Selz zu genießen. Laut Wetter-App und unserem Wetter-Gefühl sind es irgendwas um die 25 Grad. Nur manchmal, wenn die Sonne längere Zeit darauf besteht, die Wolken zu vertreiben, „brutzelt“ sie ganz schön. Tatsächlich löst sich dann schon mal ein Schweißtropfen, der sich lästig über Stirn, Nase und Backe seinen Weg bahnt.
Und manchmal müssen wir natürlich auch ein #Selfie machen. Wir nennen es #FunPic. Das Wetter ist angenehm sonnig mit vielen Haufenwolken.
Der Rucksack trägt sich bislang bequem. Er drückt nicht. Nur manchmal habe ich das Gefühl, er hängt irgendwie schräg auf meinem Rücken. Tut er aber nicht, irgendwas stimmt wohl mit meinem Gefühl nicht.
Framersheim und die Tücken der Planung
Vor der Atzelmühle kurz vor Framersheim meint die Outdooractive-App aufgrund meiner akribisch zusammengestellten Routenführung, wir müssten rechts-selzisch bleiben. Da führt aber nur ein wilder Weg entlang, der offensichtlich nach ein paar Metern aufhört. Nur widerwillig beuge ich mich dieser Widrigkeit der Realität. Zunächst verdrießlich folge ich der befestigten Straße über die Selz. Manuela ist besser gelaunt, da sind nämlich Pferdekoppeln. Ich entscheide mich dazu, mich abzulenken, denn das Leben ist zu kurz für schlechte Laune. Ich begeistere mich für ein paar Fotos von einer Hummel sowie von der Atzelmühle.
Nach der Atzelmühle kommen wir schnell an der Selz entlang nach Framersheim. Auch in Framersheim verlässt mich die App. Obwohl ich die Route so sorgfältig geplant habe, verläuft meine geplante Route durchs Gestrüpp direkt an der Selz entlang. Kurz reflektierend erkenne ich meine Unvollkommenheit (von hämischen Zeitgenossen manchmal „Dabbischkeit“ genannt). Wir folgen der Straße nach rechts über die Selz noch wenige hundert Meter und biegen dann eine kleine Straße nach links ein. Und schon wieder bessert sich Manuelas Laune: Ein Reitergut auf der rechten Seite, Koppeln und vor allem Pferde beidseits des Weges.
Wildnis an der Selz
Kurz darauf schlage ich der App ein Schnippchen. Ich halte mich einfach nicht an meine von mir selbst geplanten Route und folge nicht dem asphaltierten Radweg. Bei der Kalbsmühle schlagen wir uns auf einen Feldweg, der direkt an der Selz entlangführt. Wir sind begeistert von der Landschaft zwischen Framersheim, Gau-Köngernheim und Gau-Odernheim.
Angeblich enden mehr als 80 Prozent aller Ortsnamen in Rheinhessen mit „heim“. Ich bin mir nicht sicher, schließlich wohnen wir in Selzen und nicht in Selzheim. Andererseits wohnten wir zuvor in Schwabenheim an der Selz … Auch sollen viele Ortschaften mit „Gau-“ beginnen, so wie Gau-Köngernheim. Und immerhin wohnt Verwandtschaft von mir in Gau-Algesheim …
Überall an der Selz flattern Libellen herum. Vor Gau-Köngernheim noch wird die Landschaft sogar ein bisschen „wild“. Am Wegesrand pflücken wir ein paar Brombeeren frisch in den Mund. Ich bin froh um das super Wetter. Hätte es die letzte Zeit stärker geregnet, müssten wir uns doch an den Radweg halten.
Nach Gau-Köngernheim wandern wir weiter an der Selz entlang, bis wir kurz vor Gau-Odernheim die Selz überqueren, durch einen dunklen Hohlweg tapsen und später den unreifen Holunder am Wegesrand ignorieren.
Gau-Odernheim
An der L414 biegen wir links nach Gau-Odernheim ab. Am Ortsrand nutzen wir eine Bank für eine Rast. Wir sind doch recht hungrig – zumindest für eine Kleinigkeit. Google Maps verrät mir, dass es im Ortszentrum ein Eiscafé geben soll. Zwar heißt das Eiscafé jetzt anders (die sind vermutlich von einem Jahr nach Mommenheim umgezogen … ups, wieder „heim“), aber es ist ein Eiscafé. Manuela entscheidet sich für einen Kaffee und einen Saft. Mein Espresso ist sehr lecker – aber irgendwie genieße ich meinen Eisbecher ein klitzekleines Stückchen mehr. Vermutlich aufgrund des leicht empörten Blickes von Manuela bei der Bestellung.
Nach unserer Pause im Eiscafé gehen wir ein Stück die Straße zurück und biegen dann an Wanderschildern ab. Der Petersberg wirft seine Schatten voraus. Überall gibt es Hinweisschilder, ein Blumenladen ist „am Petersberg“, und natürlich heißt die Mehrzweckhalle in Gau-Odernheim „Petersberghalle„. Wir kommen an den Sportplätzen und Schrebergärten vorbei und überqueren die Selz wieder einmal.
Vor dem Gipfelsturm
Schreie von Greifvögeln durchdringen die hügelige Landschaft. Irgendwo stößt ein Greifvogel aufs Feld hinab. Etwa die Hälfte der Strecke haben wir gepackt. Noch sind wir frohen Mutes. Nein, das trifft es nicht: Wir sind euphorisch. Glückshormone leisten Schwerstarbeit. Und so wollen wir endlich den Gipfel besteigen: Den rheinhessischen Petersberg.
Alle Fotos
Flickr Fotoalbum „Wandern von Alzey nach Gau-Odernheim“
[flickr_set id=“72157671955427016″ images_height=“140″ pagination=“numbers“ max_num_photos=“100″]