Ich stehe dazu: Ich bin Genuss-Jogger. Das ist einerseits befreiend, aber andererseits ist das auch sehr verführerisch.
Seit fast 40 Jahren jogge ich. Sicher, immer wieder mit Unterbrechungen, aber immerhin. Das liegt nicht zuletzt daran, dass mir das Joggen Freude bereitet. Irgendwann raffe ich mich immer wieder auf zum Joggen. Da waren auch mal längere Pausen, aber inzwischen sind es nur Wochen, die ich pausiere.
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Der Schweinehund in mir
Da ich jogge, weil es mir Freude bereitet, gebe ich immer mal wieder dem inneren Schweinehund nach. Er lockt mit „Heute nicht, lieber Morgen„, „Es regnet doch viel zu stark“ oder „Im Bett ist es gemütlicher„. Da habe ich dann möglicherweise doch mehr Freude an einem Kaffee im Bett als an einer Runde in vermatschten Weinbergen. Gerade, weil ich nicht (nur) jogge um meiner körperlichen Fitness oder meinem kämpferischen Geist wegen. Mich fit zu halten spielt auch eine Rolle, aber diese ist bestenfalls gleichgestellt zur Rolle „aus Spaß an der Freud'“.
Es gibt auch immer mal wieder gesundheitliche Gründe, nicht zu joggen. Im vergangenen Jahr hatte ich drei Verletzungspausen, Anfang des Jahres eine. Das sind dann Zeiträume, in denen ich aus Rücksicht auf Verletzungen wie Mikrofaserrisse nicht laufe.
Dann gibt es auch Zeiträume, in denen der Schweinehund in mir zeitliche und terminliche Gründe vorschiebt, warum ich gerade jetzt nicht laufen müsse oder solle.
Zwei Monate. Am Wochenende schaute ich auf meine Aktivitätenliste bei Garmin und stellte plötzlich fest: Zwei Monate war ich nicht gejoggt. Ich hatte viel zu tun. Ja, auch. Ich bin sehr viel gewandert für mein Wanderbuch. Ja, auch. Da passt es nur ungern, noch Läufe einzuschieben.
Trotzdem: Gekonnt hätte ich, wenn ich gewollt hätte.
Der Genuss-Jogger in mir
Doch ich wollte nicht. Ich wollte nicht laufen, weil ich laufen musste. Das hängt damit zusammen, dass ich Genuss-Jogger bin. Ich jogge, weil ich es genieße. Und ich genieße das Joggen. Ich jogge bewusst und achte auf die Natur um mich herum. Deswegen bin auch kein Läufer sondern Jogger. Ich trabe und genieße. Besonders gerne beim und den Sonnenaufgang.
Zwischendurch klackert und rattert es im Oberstübchen, und ich komme auf die wunderbarsten Ideen und Einfälle. Die Gedanken fangen an zu fliegen. So manchens, was mir noch Tage zuvor Kopfzerbrechen bereitete, fällt mir in den gedanklichen Schoß. Das genieße ich.
Dann sehe ich wieder etwas oder jemanden. Den Sonnenaufgang, Rehe, Jogger, Greifvögel, Wingert, Wingertshaisje, Blumenfelder, Fasanen, Winzer, Bauern, Feldhasen, Kaninchen, Spaziergänger mit oder ohne Hunde. Das genieße ich.
Am Freitag beispielsweise schaffte ich es zum zweiten Joggen und zweiten #SunriseRun in den Weinbergen seit meiner Laufpause. Den Sonnenaufgang verpasste ich etwas, aber die Sonne stand noch tief. Ich lief los aus Selzen und dem Selztal ☀️🏃 hinauf in die Weinberg. Vorbei an einer Hundespaziergängering, die mir am Dienstag bereits mit ihren beiden Hunden aufgefallen war, etwa an der gleichen Stelle. Ich machte einen Bogen hinauf in Richtung Schwabsburg und den Anderson Barracks, der ehemaligen Dexheimer Kaserne. Als ich dann wieder hinunter in Richtung Selzen und zum Mörtelgraben lief, sah ich die Spaziergängerin erneut, fast an der gleichen Stelle wie auch am Dienstag zum zweiten Mal.
Also habe ich einfach zurückgeschaltet und eine zehnminütige Minuten Unterhaltung mit ihr und ihren Hunden genossen.
Irgendwann bogen die drei ab, und ich lief geradeaus nach Hause zu einem Kaffee. Zunächst jedoch powerte ich noch auf dem alten Friedhof aus.
Aber dann war es wieder da, dieses breite Grinsen in meinem Gesicht: Denn erstens habe ich den SunriseRun genossen, und zweitens habe ich den Schweinehund in mir wieder niedergerungen.
(Ähnlichkeiten des letzten Absatzes mit der Serie „Die Landärztin – Dr. Marianne 013“ mit Sigi Harreis sind rein zufällig beabsichtigt.)
Gut gemacht 🙂 Es ist immer wieder schön, wenn ich sehe, wie du es genießt, deinen inneren Schweinehund zu überwinden 🙂