Im Juni verbrachte ich für Rheinhessen-Touristik auf der Hiwweltour Stadecker Warte einen Drehtag mit der Agentur Gold und Frech für ein Video über die Hiwweltour. Panoramablicke, Geologie, Wein, Picknick und ein wenig in die Kamera lächeln – wer wäre ich, da nein zu sagen?
Seit ein paar Jahren bin ich als Wanderer und Blogger in Rheinhessen unterwegs, und seit letztem Jahr bin ich Kultur- und Weinbotschafter Rheinhessen. So habe ich mich sehr gefreut, als Rheinhessen-Touristik mich vor ein paar Wochen kontaktierte und mich als Protagonist bei Videos über Hiwweltouren anfragte. Es solle nichts Riesengroßes sein, sondern einfach und klar für Social Media. Als Agentur sei Gold und Frech aus Klein-Winternheim dabei. Klar hatte ich Lust.
Kurz darauf hatten wir ein kleines Kickoff-Meeting in Microsoft Teams. Im wesentlichen würde die Umsetzung mit Samuel Buscapé von Gold und Frech und mir stattfinden. Samuel und ich klärten später noch ein paar Punkte. Sobald die Terminlage und das Wetter es zuließen, würden Samuel und ich die Hiwweltour Stadecker Warte wandern. Er würde die Filmkamera nehmen, und ich würde durch die Landschaft stiefeln und ein paar mehr oder weniger kluge Dinge von mir geben.
Am Mittwoch, 2. Juni 2020, war es dann soweit für unseren Drehtag auf der Hiwweltour Stadecker Warte: Fast acht Stunden bei knapp 30 Grad im magischen Land der tausend Hügel mit Panoramablicken, Geologie, Wein und Picknick.
Inhaltsverzeichnis
- Hiwweltour Stadecker Warte
- Video: Wandern in Rheinhessen | Hiwweltour Stadecker Warte | Die perfekte Picknick-Tour
- Die „Picknick-Tour“
- Wanderparkplatz in Stadecken
- Hedesheimer Hof (Weingut Beck, 126 m Höhe)
- Alter Friedhof von Hedesheim (125 m)
- Rastplatz auf dem Ermel (168 m)
- Tisch des Weines und Bodenprofil Kalksandstein (180 m)
- Stadecker Warte (198 m)
- Bodenprofil Tonmergel & Rastplatz (180 m)
- Weinpavillon (193 m)
- Saubachtal (ca. 110 m)
- Rückkehr zum Parkplatz
- Newsletter
- Neues aus Rheinhessen über Wandern, Genuss und Kultur
Hiwweltour Stadecker Warte
Die Hiwweltour Stadecker Warte liegt bei Stadecken (ach was!), einem der beiden Teile von Stadecken-Elsheim, etwa 14 km südwestlich vom Mainzer Stadtzentrum gelegen (und nur etwa 6 km von der Stadtgrenze).
Geologie, Wein und herrliche Panoramablicke – auf der Hiwweltour Stadecker Warte in Rheinhessen kann man Wein und Weinanbau aktiv erleben und in den Hängen der Weinberge die unendliche Weite des größten deutschen Weinanbaugebiets bestaunen.
(Hiwweltour Stadecker Warte – Rheinhessen.de)
- Start der Tour ist am Ortseingang Stadeckens an der L413 aus Richtung Nieder-Olm
- Länge 9,9 km
- Höhenmeter 103 hm ↑ / 103 hm ↓
- Wenig Wald, der Großteil führt durch Weinberge
Video: Wandern in Rheinhessen | Hiwweltour Stadecker Warte | Die perfekte Picknick-Tour
Hier ist das fertige Video: Wandern in Rheinhessen | Hiwweltour Stadecker Warte | Die perfekte Picknick-Tour – YouTube
Die „Picknick-Tour“
Die Hiwweltour Stadecker Warte eignet sich sehr gut als Picknick-Tour.
- In Stadecken gibt es in der Portstraße zwei Metzgereien (Hamm und Harth) zum Eindecken mit Proviant.
- Im Hedesheimer Hof (Weingut Beck) kann man einen Picknick-Rucksack mieten.
- Auf der Tour sind einige sehr schöne Rastplätze mit sehr schönen Ausblicken.
Das sollte auch bei unserem Dreh herauskommen. Infos dazu:
- Es geht um die Worscht: Die Metzgereien Harth und Hamm in Stadecken-Elsheim (Rheinhessen-Blog)
- Weck, Worscht un’ Woi: Picknick mit rheinhessischen Spezialitäten auf der Hiwweltour Stadecker Warte (Rheinhessen-Blog)
- Landmetzgerei Harth, Portstraße 14, 55271 Stadecken-Elsheim (06136 2324)
- Metzgerei Hamm, • Portstraße 18, 55271 Stadecken-Elsheim (06136 3865)
Wanderparkplatz in Stadecken
Am Mittwoch, 2. Juni 2021, war es soweit. Die Wettervorhersage versprach nahezu 30 Grad und sonniges Wetter, erst ab Donnerstag sollte es regnerisch und gewittrig werden. Um 13:30 Uhr trafen Samuel und ich uns am Wanderparkplatz bei Stadecken (Burggrabenstraße 17, 55271 Stadecken-Elsheim, via Portstraße, Am Kirchenthing, Burggrabenstraße). Von dem Parkplatz geht ein etwa 1 km langer Zuweg bis zum Startpunkt am Ortseingang.
Samuel hatte zuvor noch ein paar Schwenks in der Portstraße gemacht. Wir besprachen unser Setup, und Samuel verkabelte mich mit einem Funkmikro. Oben am Hemdkragen war das Mikro befestigt, das Kabel führte unter dem Hemd bis zum Gürtel, wo der Sender eingeklippt war. Der Empfänger war auf der Kamera, wo auch ein weiteres Mikro befestigt war.
Wir sprachen über die Ausrüstung und das Vorgehen, Samuel packte seinen Kamerarucksack und Wasser ein. Und ich? Hatte meinen Wanderrucksack dabei – den ich gar nicht brauchte. Hätte ich dran denken sollen. Denn unser erster Punkt auf der Tour war nicht der Startpunkt sondern der Hedesheimer Hof.
Doch … zunächst kamen die ersten Drehs. Kurze Sequenzen, bei denen ich etwas zur Tour sagte. Dann ging es los … bis zur nächsten Sequenz. Vom Zuweg aus hat man nämlich eine wunderbare Sicht auf die Woogwiesen/Bruchwiesen an der Selz.
Hedesheimer Hof (Weingut Beck, 126 m Höhe)
Anstelle am Ortseingang direkt die Tour zu wandern, machten wir einen 150 m kurzen Abstecher zum Hedesheimer Hof vom Weingut Beck. Denn es gibt dort ein Picknick zu mieten. Je nach Saison und Lage kann man eine „Beck in Box“ oder einen Picknick-Rucksack vorbestellen.
Dadurch kann man sich voll aufs Wander konzentrieren. Entweder man nimmt (je nach Lage, insbesondere Corona-Lage) mit der Box zu Beginn oder am Ende der Wanderung das Picknick ein. Oder einer schnappt sich den Picknick-Rucksack, alle wandern los und nehmen das Picknick an einer der vielen Picknick-Stellen der Tour ein. In beiden Fällen ist alles dabei:
- Teller, Bestecke und Gläser
- Frische Wurst der Metzgerei Hamm aus Stadecken (trotz desselben Namens: Keine Verwandtschaft!)
- Leckeres Brot oder Baque von der Bäckerei Doll aus Schwabenheim an der Selz (trotz des unterschiedlichen Namens: Verwandtschaft!)
- Hart- und Weichkäse, kleine Tomaten oder Radieschen, Salz und Pfeffer und Mineralwasser.
- Wein vom Weingut Beck
Je nach Jahreszeit und Verfügbarkeit kann sich der Inhalt des Rucksacks ändern. Grundsätzlich gibt es das Picknick für 4 erwachsene Personen (40 €) oder für 2 Erwachsene und 2 Kinder (35 €). Für unseren Dreh schnappte ich mir den Rucksack, in dem wirklich eine komplette Besteck- und Geschirrausrüstung sowie „unkaputtbare“ Weingläser waren.
Alter Friedhof von Hedesheim (125 m)
Wir gingen die 150 m zurück zum Startpunkt und begannen unsere Wanderung. Nach einem kurzen Stück passierten wir einen Rastplatz mit einem Hinweisschild für den alten Friedhof der Wüstung Hedesheim. Aha, daher also der Name „Hedesheimer Hof“. Doch was bedeutet „Wüstung“? Und wieso findet man nirgendwo ein Ortsschild für Hedesheim?
Eine Wüstung ist eine aufgegebene Siedlung, an die nur noch Urkunden, Flurnamen oder mündliche Überlieferungen erinnern (siehe Wikipedia-Artikel Wüstung). Daher rührt, dass der Ortsname Hedesheim so gut wie nirgendwo auftaucht. Übriggeblieben von der Siedlung sind lediglich ein paar Reste des Friedhofs.
Als 1276 unter dem Stauferkaiser Friedrich II. zum Schutz des reichseigenen Ingelheimer Grundes und eines wichtigen Selzüberganges die Burg Stadeck gebaut wurde, verließen die Bewohner auf Betreiben des Grafen von Katzenelnbogen die Ansiedlung Zug um Zug, bis die alte Siedlung um 1325 verlassen war. Die Häuser wurden später abgebrochen. Lediglich der Friedhof des alten Dorfes wurde bis zu den Friedhofsreformen im Département du Mont-Tonnerre im Jahre 1804 weiterbenutzt.
„Département du Mont-Tonnerre“ war übrigens eine Gebietskörperschaft Frankreichs nach der Annektion vieler linksrheinischer Gebiete durch die Franzosen. Yep, wir Rheinhessen waren mal Franzosen. Weitere Infos zu Hedesheim: Die Wüstung Hedesheim im Rheinhessen auf Regionalgeschichte.net
Rastplatz auf dem Ermel (168 m)
Vom alten Friedhof aus ging es langsam aber stetig aufwärts und sogar durch ein kleines Waldstückchen bis zum Rastplatz auf dem Ermel.
Von Rastplatz aus hat man einen sehr schönen Blick auf Stadecken und das Selztal und sogar bis zum Taunus. Ein paar Bänke luden zum Verweilen und Rasten ein, was Wanderer bereits vor uns wahrgenommen hatten.
Beim ersten Aufstieg und auch als es dann weiterging, konnten wir die Stadecker Warte auf dem Plateau erblicken. Allerdings war es nicht so, dass wir zügig durchmarschierten. Immer mal wieder drehten wir eine Szene. Das bewegte uns dann dazu, aus Zeitgründen einen Schlenker nach Osten zu ignorieren und einfach abzukürzen.
Tisch des Weines und Bodenprofil Kalksandstein (180 m)
So kamen wir an den Tisch des Weines und das Bodenprofil Kalksandstein. Früher gab es an Raststellen nur Bänke, die maximal 2 Meter lang waren. Oft fehlte auch ein Tisch. Mit mehreren oder gar unterschiedlichen Wandergruppen wurde es schnell eng. Die Bezeichnung „Tisch des Weines“ hat sich durchgesetzt für breite und mehrere Meter lange Tische mit großzügigen Bänken links und rechts an Stellen mit guten Panoramablicken.
Nur wenige Meter unterhalb und rechts neben dem Weg liegt das Bodenprofil. Hier wurde ein Einstich in den Hang gegraben. Da sieht man sehr gut die schmale „Mutterbodenschicht“ und den eigentlichen Boden darunter.
Zufällig kam gerade Timo vom Weingut Eppelmann mit seinem Trecker vorbei … Nein, er kam nicht „zufällig vorbei“. Samuel hatte vorab mit ihm das Treffen am Bodenprofil vereinbart und eben bei ihm angerufen. Also fuhr Timo mit seinem Trecker an, stieg ab und bekam so wie ich ein Funkmikrofon verpasst. Ich stellte Timo ein paar Fragen, und er erklärte das Bodenprofil mit dem Kalksandstein. der insbesondere bei Riesling sehr filigrane und leichte Weine ermöglicht.
Ein Vöglein hat mir gezwitschert, dass Timo sein eigenes Video bekommt. Toll, ich bin sowas von gespannt!
Der Sandstein ist nur manchmal richtig hart. Selbst dann lässt er sich oft mit der Hand ausbrechen und zu lockerem Sand zerreiben. Wenn man sich eine Handvoll davon nimmt, kann man die typischen Glitzerteilchen sehen. Lässt man den Sand durch die Finger rieseln lässt, dann kommt so richtig Urlaubs-Feeling auf.
Als wir hier mit den Drehs fertig waren, verabschiedete sich Timo und schwang sich auf seinen Trecker. Samuel ließ seine Drohne aufsteigen und drehte ein paar Schwenks. Ich bin gespannt, ob wir beim Film einen davon zu sehen bekommen. Schließlich wanderten wir weiter und hinab. Ein Blick zurück zeigte uns einen weiteren Winzer, der mit seinem Trecker im Weinberg unterhalb des Bodenprofils den Boden bearbeitete.
Stadecker Warte (198 m)
Schließlich ging es hinauf auf die Höhe und zur Stadecker Warte. Die Warte wurde 1930 gebaut, um hier oben eine Spritzbrühe für die Winzer anzurühren. Damit mussten die Winzer nicht jeder einzeln die Brühe aus dem Tal hochfahren, um die Brühe zur Bekämpfung eines eingeschleppten Pilzes auf die Rebstöcke zu spritzen. Erst später wurde der Turm hinzugebaut. Von dort konnte man rechtzeitig Starenschwärme erkennen und durch laute Knalltöne verscheuchen.
Schon vor einigen Jahren hat die Warte seine Zweck erfüllt. Heute finden hier Feste und Veranstaltungen statt. Und – wie Timo uns sagte – bald soll dort ein Ausschank für Wanderer entstehen.
Samuel packte wieder seine Drohne aus und ließ sie hoch über uns steigen.
Bodenprofil Tonmergel & Rastplatz (180 m)
Von der Stadecker Warte aus ging es nach und nach wieder etwas hinab, bis wir an einem weiteren Bodenprofil angelangten. Einst war Rheinhessen unter dem Mainzer Becken begrab… vom Meereswasser der Mainzer Bucht bedeckt. Nach und nach lagerte sich ein Mischung aus Ton und Kalk ab. Wo der Ton dominiert, so wie hier, nennt man den Boden Tonmergel. Auch wenn wir hier nur einige hundert Meter vom anderen Bodenprofil entfernt waren, verändert sich durch den anderen Boden auch der Charakter des Weines. Hier gibt es besonders körperreiche Weine mit Mineralik.
Ich setzte am Rastplatz neben dem Bodenprofil ganz besondere Schwerpunkte. Endlich, endlich war die Zeit gekommen, den Rucksack auszupacken und mich den Genüssen hinzugeben. Verständlicherweise, wenn auch bedauerlich, war ich jedoch auf die Regieanweisungen von Samuel angewiesen. Ich hoffe, es gibt im Film keinen unvorteilhaften Ausschnitt von mir mit gierigen Gesichtsausdrücken (gar mit Großaufnahme?), während ich auf Samuels „Go“ wartete.
Eine kleine Wandergruppe entdeckte links oberhalb des Bodenprofils einen weiteren Tisch mit Bänken – alle aus Stein. Dort ließen sie sich nieder, während wir weiter drehten. Diese Raststelle liegt in einem Pilgerweingarten, der als Symbol für drei Wanderungen auf dem Camino nach Santiago die Compostella angelegt worden war.
Weinpavillon (193 m)
Es ging auf einem Weg noch etwas weiter abwärts. Hier konnten wir im Tal bereits das Saubachtal gut erkennen. Dann ging es in einem steilen Anstieg wieder hinauf, dieses Mal zum Weinpavillon mit einem schönen Panoramablick über Saubachtal und Selztal. Zusammen mit drei Wanderliegen und einem Fenster bietet der Pavillon eine ideale Rastmöglichkeit.
Saubachtal (ca. 110 m)
Vom Pavillon ging dann in ein paar Schlenkern durch blühende Wiesen zum Saubachtal hinunter. Ich verweise gerne darauf, dass wir zwar keine hohen Berge oder Hügel haben, doch von den Hügeln („Hiwwel“) haben wir viele. Und so muss man auch immer wieder hoch und runter, hoch und runter, …
Inzwischen war es schon nach 20 Uhr. Eigentlich hatten wir auf eine spektakuläre Abendsonne gehofft, doch der Himmel hatte sich bereits mit einigen Wolken begonnen zuzuziehen. Samuel ließ mich (wieder einmal) den Hang hinabgehen, während die Drohne über mir schwebte und mich oder das Tal aufnahm.
Der Saubach sowie der Partenbach wurden in den letzten Jahren in zwei Projekten der Aktion Blau Plus des Landes Rheinland-Pflalz renaturiert. Seit den 70er Jahren waren vermehrt Erosions- und Hochwasserschäden aufgetreten. Mittlerweile wurden wieder Tierarten der Roten Liste in den entstandenen Biotopen gesichtet.
Rückkehr zum Parkplatz
Schließlich endete unsere Wanderung der Hiwweltour Stadecker Warte gegen 21 Uhr am Wanderparkplatz. Eigentlich hätten wir den Rucksack kurz vor dem Ende der Tour im Hedesheimer Hof abgeben können. Wir gingen aber erst über den Zuweg wieder zurück zum Wanderparkplatz, um dann den restlichen Proviant aufzuteilen. Samuel würde dann mit dem Wagen einen kurzen Abstecher zum Hof machen und den Rucksack abgeben.
Als wir dann auf dem Zuweg waren, öffnete sich gerade eine größere Lücke in den Wolken, durch die die Sonne auf Stadecken und uns schien. Das war ein wunderbarer Abschluss für unsere „Dreh-Wanderung“ der Hiwweltour Stadecker Warte.
Die Fotos dieses Artikels sowie weitere Fotos sind im Flickr-Album „Hiwweltour Stadecker Warte – Making of„.