Zwischen Ebersheim und Zornheim befinden sich Überreste des Festungswerks „Auf der Muhl“. Vom größten Festungswerk von über 350 der Selzstellung während des Ersten Weltkriegs blieben nur vereinzelte Betonklötze übrig. Alle Festungen wurden nach dem Versailler Vertrag dem Erdboden gleich gemacht. Ich nutzte kaltes, aber sonniges Wetter für einen Morgenlauf durch die Obstpflanzungen bei Zornheim.
Eigentlich hätten wir für diese Woche unsere Basis am Bostalsee aufgeschlagen und hätten wir von dort aus Wanderungen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald unternommen. Doch der Corona-Virus mochte das wohl nicht. So verbringen wir die Tage gemütlich zu Hause und freuen uns über gemeinsame Spaziergänge und Wanderungen. Und ich genieße meine Läufe zum Sonnenaufgang oder kurz danach.
Heute Morgen fuhr Manuela für einen Termin nach Nieder-Olm und setzte mich am Parkplatz an der Straße zwischen Zornheim und Nieder-Olm ab. Schon lange hatte ich mir vorgenommen, doch einmal einen Lauf zum Standort des früheren Festungswerks „Auf der Muhl“ zu machen.
Vom Parkplatz aus lief ich zwischen den Feldern in Richtung Osten und konnte immer wieder auch blühende Obstbäume bewundern. Dann ging es hoch auf die Höhe und zur „Auf der Muhl“. Heutzutage stehen dort nur ein Wasserwerk, ein Funkturm und vier Windräder, doch vor hundert Jahren war dort ein Zentrum des Festungsgürtels um Mainz.
Inhaltsverzeichnis
Das Festungswerk „Auf der Muhl“
Auf der Muhl war ein zentrales Festungswerk zur Verteidigung von Mainz. Mit dem Bau des Festungsgürtels mit rund 350 Festungswerken wurde vor dem Ersten Weltkrieg aufgrund neuer Entwicklungen in der Kriegstechnik und zur Verteidigung gegen die Armee Frankreichs begonnen.
Um 1900 war die Festung Mainz hoffnungslos veraltet: den neuen Langrohrgeschützen und den Granaten mit neuen Sprengstoffen waren sie schutzlos ausgeliefert. Hinzu kam, dass nach dem Krieg 1870/71 mit der Eingliederung von Elsaß-Lothringen die deutsche Westgrenze nach Frankreich vorgerückt war und Mainz dadurch seine strategische Bedeutung verloren hatte.
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Vor diesem Hintergrund wurde bei Ebersheim zwischen 1908 und 1911 auf einem Terrain von ca. 40 Morgen (etwa 8 ha) die mehrstöckige Festungsanlage des Fort Muhl (offizieller Name: Stützpunkt „Auf der Muhl“) als Infanteriestützpunkt für eine Kompanie, verstärkt durch die doppelte Bedienung für 4 Maschinengewehre, erbaut. Die im Kriegsfall vorgesehene Besatzung betrug insgesamt 291 Mann. Das Fort stand auf der Grenze nach Zornheim und Nieder Olm. Heute stehen hier vier Windräder und ein Wasserspeicher.
(Der Stützpunkt „Auf der Muhl“, Festung Mainz – das „Bollwerk Deutschlands“ 1620 – 1918)
Auf der Grenze von Ebersheim und Nieder-Olm lag der moderne »Stützpunkt auf der Muhl« mit einer großen, zweistöckigen Kaserne, zwei Bereitschaftsräumen und zwei Wachträumen (Fort Muhl). Das betonierte Werk war der widerstandsfähigste Punkt der Selzstellung und stand auf dem Gelände, wo sich heute der höchste Punkt der Stadt Mainz mit 234 m befindet. Kaiser Wilhelm II. besuchte Fort Muhl im Juni 1913. Wenige hundert Meter entfernt vom Fort Muhl befand sich an der Weinbergstraße die mit einem Telefonanschluss versehene Befehlsstelle BSt 06 für eine der vier Unterabschnitte der Festungslinie.
Die Befestigungsgruppe Ebersheim gehörte mit 27 Festungswerken zu den am stärksten ausgebauten Bereichen der Festung Mainz.
(Kriegsvorbereitungen in Ebersheim, Ebersheimer Geschichte)
Schließlich lief ich zurück zum Parkplatz und gönnte mir noch ein par Nasenzüge von den Blütendüften zwischen den Obstpflanzungen. Schließlich, nach ihrem Termin, holte mich Manuela ab, und mit einem Zwischenstopp beim Bäcker kehrten wir zurück nach Hause.
Der Schlieffenplan und die Selzstellung
Ende des 19. Jahrhunderts liefen intensive Planungen für einen absehbaren Krieg mit Frankreich. Generalfeldmarschall Alfred von Schlieffen entwickelte den „Schlieffen-Plan“. Ein Teil des Plans sah vor, die vorrückende französische Armee vor Mainz aufzuhalten. Deswegen wurde ab 1907 die Selzstellung gebaut.
Der Ausbau der Selzstellung wurde aufgrund des Kriegsverlaufs 1916 eingestellt. Nach Kriegsende und aufgrund des Versailler Vertrags wurden fast alle Festungswerke der Selzstellung komplett gesprengt und geschliffen. Nur noch gelegentliche Betonbrocken erinnern heutzutage an die Selzstellung mit ihren rund 350 Festungswerken von Ingelheim über Zornheim bis Laubenheim.
Mehr über die Selzstellung und den Schlieffenplan erfährst Du in meinem Artikel „Die Selzstellung – das deutsche Verdun„.
Meine Laufstrecke auf Komoot
Die Laufstrecke habe ich mit Garmin navigiert und aufgezeichnet. Nach Ende des Laufs habe ich die Strecke „Auf der Muhl“ in Komoot veröffentlicht.