Wanderer und Mountainbiker begegnen sich oft auf Fußwegen und -pfaden im Wald. Die Gesetzeslage in Rheinland-Pfalz ist eindeutig: Biker haben auf Fußwegen und -pfaden im Wald nichts zu suchen. Doch dem Deutschen Wanderverband ist das bei der Vergabe des Prädikats „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ egal. Für mich ist das nicht akzeptabel.
Immer öfter höre und lese ich Klagen über die Nutzung von Wanderwegen durch Radfahrer, insbesondere Mountainbiker. Jeder meint, im Recht zu sein. Doch wie sieht das mit dem „Recht“ aus? Und wie berücksichtigt der Deutsche Wanderverband das Mountainbiken bei seinem Prädikat „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“?
Manuela und ich wanderten an drei Tagen auf dem Felsenwanderweg Rodalben in Rheinland-Pfalz. Immer wieder begegneten wir Mountainbikern. Ich habe mir angesehen, wie die Gesetzeslage in Rheinland-Pfalz aussieht, und wie die Kriterien für das Prädikat die Nutzung von Wanderwegen durch Radfahrer wie Mountainbiker berücksichtigt.
Inhaltsverzeichnis
Ärgernis Mountainbiker beim Wandern
Am Pfingstwochenende waren Manuela und ich an drei Tagen auf dem Felsenwanderweg Rodalben als Wanderer unterwegs. Von etwa 50 Begegnungen (zwischen 1 und 8 Personen je Begegnung) an unseren drei Tagen waren über die Hälfte der Begegnungen mit Mountainbikern und nicht mit Wanderern. Oft „radelten“ die Mountainbiker sehr schnell – und das auf den oft sehr schmalen Hangpfaden. Die Mountainbiker?
- Fast alle haben sich bedankt, nachdem wir Platz gemacht hatten. Das fanden wir gut. (Auch wenn meistens der Corona-Sicherheitsabstand von 1,5 m nicht zu gewährleisten war).
- Keiner der Biker machte Anstalten, uns Platz zu machen, wenn sie uns entgegenkamen.
- Nur einer der Biker machte sich, von hinten kommend, bemerkbar. Bei allen anderen waren sie plötzlich hinter uns. Da wir – ebenso wie die meisten Biker und Wanderer – auf dem Felsenwanderweg im Uhrzeigersinn unterwegs waren, war das schon nervig. Denn auf dem Pfadboden ist es recht leise, und man hört sich halt nicht Dutzende Meter vorher.
- Uns blieb an den Hangpfaden eigentlich keine Wahl, als irgendwie in den Hang zu kraxeln, damit die Biker durchfahren konnten.
- Oft waren die Mountainbiker mit mehr als vier Rädern unterwegs. Da kamen beispielsweise zunächst vier der Gruppe an. Wir machten Platz, die Biker bedankten sich. Wir wanderten weiter – und wenige Meter später mussten wir erneut ausweichen, weil noch Nachzügler der Gruppe ankamen. Ein kurzer Hinweis („es kommen noch zwei von uns„) hätte uns gefreut.
- Die meisten der Mountainbiker waren recht schnell und sportlich unterwegs. Viele schienen auf den ersten Blick des Öfteren gemeinsam auf Touren unterwegs zu sein, denn sie hatten die gleichen Radklamotten mit Gruppen-Logos und Sponsoren-Logos.
- Einmal, als wir eine Rast auf einer Bank vor einem Felsen in einer Innenkurve machte, rasten Biker nur wenige Zentimeter an uns vorbei. Hätten wir gerade auf dem schmalen Pfad gestanden und die Felsen bewundert … es wäre hoffentlich bei einer Vollbremsung geblieben.
Das ständige Umblicken, ob denn wieder einer von hinten angebraust kam, oder das vorsichtige „um die Ecke schauen“, ob denn gerade mal wieder einer von Vorne anbrauste, hat uns das Wandervergnügen doch ziemlich getrübt.
Das Landeswaldgesetz Rheinland-Pfalz
Es gibt für den Felsenwanderweg nirgendwo den Hinweis, dass darauf das Radfahren erlaubt ist. Auch gibt es keinen Hinweis, dass mit Radfahrern zu rechnen sei. Dabei ist das rheinland-pfälzische Landeswaldgesetz eindeutig: Radfahren und Reiten im Wald ist nur auf Straßen und Waldwegen erlaubt. Fußwege und -pfade sind explizit ausgeschlossen, sie sind keine Waldwege. Der Waldbesitzende kann dies abweichend gestatten.
Radfahren und Reiten sind im Wald nur auf Straßen und Waldwegen erlaubt; darüber hinausgehende Reit- und Befahrensmöglichkeiten können die Waldbesitzenden gestatten, soweit dadurch nicht die Wirkungen des Waldes und sonstige Rechtsgüter beeinträchtigt werden.
(§ 22 Betreten, Reiten, Befahren (3))
Waldwege im Sinne dieses Gesetzes sind nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmete, dauerhaft angelegte oder naturfeste forstliche Wirtschaftswege; Maschinenwege, […] sowie Fußwege und -pfade sind keine Waldwege.
(§ 3 Begriffsbestimmungen (7))
Auf dem Felsenwanderweg war zu erkennen, warum das nicht nur als Schutz für Fußgänger und Erholungssuchende sinnvoll ist. Einige Stellen waren durch die breiten Stollenreifen, die Geschwindigkeiten (teilweise erkennbar über 30 km/h auf Pfaden), die schweren Räder und die Traktion der Mountainbikes schon beschädigt. Insbesondere in Kurven war an einigen Stellen das Erdreich weggebrochen.
Wir haben @Pfalz_de (den gemeinsamen Twitteraccount von Pfalzwein, Pfalz.Marketing und Pfalz.Touristik) auf die Bikernutzung hingewiesen und diese Auskunft erhalten.
Wir haben nachgefragt und es ist tatsächlich so, dass Mountainbiker auf dem Felsenwanderweg nicht gestattet sind. Wir haben die zuständige Verbandsgemeinde Rodalben darüber informiert.
Das Befahren des Felsenwanderwegs ist also nicht (wie durch das Landeswaldgesetz RLP möglich) abweichend gestattet.
Wanderer und Biker verdanken den jeweiligen Landeswaldgesetzen die Nutzung von Waldgebieten – egal, wem das Gebiet gehört. Auch Wälder in Privatbesitz können öffentlich genutzt werden, die Besitzer müssen Einschränkungen in Kauf nehmen. Teilweise – je nach Kommune – zahlen die Besitzer noch Abgaben für ihre eigenen Wege, auf denen wir wandern oder fahren. Da sollten wir Nutzer mit unseren Rechten auch sorgsam umgehen. Genau diesen Eindruck hatten wir von den Mountainbikern an den drei Tagen auf dem Felsenwanderweg nicht.
Mountainbiken auf „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ des Deutschen Wanderverbandes?
Der Felsenwanderweg hat in 2019 erneut die Zertifizierung des Deutschen Wanderverbands erhalten. Wir haben uns gefragt, ob ein durch den Deutschen Wanderverband zertifizierter Qualitätswanderweg überhaupt von Mountainbiker befahren werden darf. Wie kann es sein, dass einem auf einem zertifizierten QualitätsWANDERweg ständig Mountainbiker begegnen?
Die einfache Antwort ist:
Es spielt keine Rolle für das Prädikat, ob Mountainbiker auf dem Qualitätswanderweg Rad fahren.
- Die alleinige Nutzung von Wanderwegen durch Wanderer (oder die Mitbenutzung durch andere Nutzer) ist kein Kriterium für die Vergabe des Prädikats (siehe Prädikat für Wanderwege).
- Bei den 23 Wahlkriterien und 9 Kernkriterien für die Vergabe des Prädikats (siehe Infoflyer lange Qualitätsflyer, PDF) wird nicht geprüft, ob ein Wanderweg durch weitere Nutzergruppen außer den Wanderern, in welcher Art und in welchem Umfang genutzt wird.
- Zwar verbietet es die Gesetzeslage (zumindest explizit in Rheinland-Pfalz). Doch entscheidend muss die tatsächliche Nutzung und damit die Durchsetzung der Gesetzes- oder Verordnungslage durch die jeweilige beantragende Region (Tourismusverband, Großschutzgebiet, Wanderverein etc.) sein.
- Solange der Belag nicht befestigt ist, können auf Qualitätswanderwegen des Deutschen Wanderverbands auch Motocross-Rennen mit Motorrädern oder Quads gefahren werden.
Für mich als Wanderer ist das für ein Wanderprädikat nicht akzeptabel.
Bitte, Deutscher Wanderverband: Passt die Kriterien für das Qualitätszeichen an!
Und liebe Wanderregionen:
Achtet darauf, dass die zertifizierten Wanderwege auch als solche entspannt und entspannend genutzt werden können!
Als privater Waldbesitzer und Jäger in einer Eigenjagd (mit zwei bekannten „Premiumfernwanderwegen“) möchte ich kurz anmerken dass Wanderer froh sein können, wenn wir die Nutzung und Markierung von Wegen dulden! Denn Pfade und Wege stehen, wie der Rest des Waldes, grundsätzlich unter unserer Verantwortung. Wir können diese nach den Regeln der Waldbaulichen Praxis anlegen, überbauen und auch wieder entfernen. Dass ein Pfad als Wanderweg markiert ist, hat keine rechtliche Auswirkung.
Die Anspruchshaltung auf Belästigungsfreies Wandern die manche Wanderer in meinem Wald und meiner Jagd an den Tag legen, finde ich schon bedenklich. Denn grundsätzlich ist die Chance dass man in einem Privatwald unterwegs ist bei 50 %.
Mir ist bewusst, dass je nach Bundesland etwa die Hälfte des Waldes in Privatbesitz ist. Ich stehe oft der Art und Weise der Nutzung des Waldes kritisch gegenüber, so wie sie von vielen wie beispielsweise Wanderern und Radfahrern ausgeübt wird. Da wird Müll entsorgt, ein Trampelpfad als Abkürzung quer durch den Hang gebildet und vieles mehr. Ich bekomme es hier bei uns in Rheinhessen immer wieder mit, wie Fußgänger, Wanderer, Jogger und Radfahrer eine Anspruchsweise und Unverschämtheit an den Tag legen, die mich immer wieder erstaunt. Wir haben zwar kaum Wald, aber insbesondere die Haltung Winzern gegenüber, die auf ihren Wegen (für die sie in unserer Gemeinde auch Abgaben zahlen) unterwegs sind, und dort von Wege- und Pfadenutzer angeflaumt werden, ist fatal. (s.a. https://derentspannen.de/10-tipps-fuers-wandern-in-rheinhessen/)
Das Thema „Duldung“ sehe ich differenziert, denn das rheinland-pfälzische Landgesetz ist hier recht eindeutig: „Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung betreten.“ (§22 (1). Das bedeutet aber auch, dass die Nutzung mit Rücksichtnahme zu erfolgen hat („Die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes dürfen nicht gestört werden. Auf die Walderholung sowie auf Nutzungsrechte anderer am Wald ist gegenseitige Rücksicht zu nehmen.“ (2)) und auch beispielsweise nicht überall mit Rad oder Pferd erfolgen darf. Die Rücksichtnahme kommt mir oft zu kurz. Ich halte es bei Rechten und Freiheit mit Kant: „“Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“
Das die Wanderer immer meinen ihnen gehört der Wald ganz allein.
Nein, das meinen „die Wanderer“ nicht. Viele Radfahrer und Mountainbiker jedoch demonstrieren diese Ansicht für sich tagtäglich durch Rücksichtslosigkeit, Ignoranz und Regelwidrigkeiten. Und tagtäglich begegnet mir auf gemeinsam genutzten Wegen auch in Rheinhessen diese Haltung durch viele Radfahrer, die beispielsweise meinen, sie müssten sich die Innenkurve des Weges erzwingen und Fußgänger vom Weg drängen, sie müssten von hinten ohne Ankündigung mit 30 – 40 km/h in 10 cm Abstand an Fußgängern vorbeirauschen, sie müssten zu zweit oder gar zu dritt nebeneinander auf 2,5 m schmalen Wegen am Fußgänger vorbei. Wenn die Bitte um Rücksichtnahme und der Hinweis auf geltende Gesetzeslage jedoch schon als Unverschämtheit, alles für sich zu vereinnahmen, ausgelegt wird, bestätigt mir dies umso mehr meine Erfahrungen und zeigt mir, welcher Geist da herrscht.