Gestern war ich zum „Tweetwalk Schloss Karlsberg“ bei Homburg im Saarland. Über fünf Stunden erkundeten wir den Waldpark mit seinen historischen Stätten und erfuhren Fakten, Geschichten und Gerüchte über seine Geschichte und Kultur.
Als ich von dem Tweetwalk erfuhr, dachte ich mir „Hm, Schloss Karlsberg“? Das sagte mir irgendwie gar nichts. Da gibt es diese „Karlsberg Brauerei“ (Wikipedia). Dann gibt es noch ein dänisches Bier „Carlsberg“. Aber ein Schloss? Karlsberg? Im Saarland bei Homburg? Davon habe ich in den letzten 200 Jahren noch nichts gehört.
Inhaltsverzeichnis
Tweetwalk Schloss Karlsberg
Immerhin konnte ich mit „Tweetwalk“ etwas anfangen? Für „Tweetwalk“ gibt es einige synonyme Bezeichnungen wie Social Media Walk oder Instawalk. Insbesondere im kulturellen oder musealen Bereich gibt es solche Walks:
Kultureinrichtungen laden Twitter-Nutzer_innen (oder auch Blogger_innen oder solche mit Instagram-, Facebook- und seit kurzem auch Snapchataccounts) ein, eine Sonderausstellung kennenzulernen, eine exklusive Führung zu erhalten oder einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Dabei wird während des Treffens nicht nur mündlich kommuniziert, sondern die Besucher_innen werden aufgefordert, das Smartphone aktiv zur Kommentierung des Gehörten und Gesehenen zu nutzen. Auf diese Weise wird während eines Tweetups die Öffentlichkeit über die vor Ort anwesenden Personen hinaus erweitert, da das stattfindende Ereignis im Netz kommentiert, Fotos und Beiträge geteilt oder auch von nicht Anwesenden um weitere Informationen ergänzt werden kann
(Lernen aus der Geschichte: Tweetup und MemorialWalk)
Zu diesem Tweetwalk luden der Fachbereich Kultur und Heimatpflege des Saarpfalz-Kreises gemeinsam mit anderen Organisationen ein:
Der Fachbereich Kultur und Heimatpflege des Saarpfalz-Kreises sucht gemeinsam mit der Stiftung Karlsberger Hof, der Saarpfalz-Touristik und der Tourismus Zentrale Saarland, Social-Media-Begeisterte für einen Tweetwalk im WaldPark Schloss Karlsberg in Homburg am Samstag, 23. September, ab 11 Uhr.
Der Start war am Karlsberger Hof, dem früheren Ökonomiegebäude/Baumagazin des Schlosses Karlsberg. Nach der Begrüßung und dem Presse-Briefing (es waren mehrere Pressevertreter da) ging es mit einem Kleinbus zum Standort des Hauptpalais. Zu Fuß ging es weiter über Stationen wie Orangerie, Menagerie, Vogelvoliere, Tosbecken und Schwanenweiher, um dann von einem Parkplatz aus mit dem Kleinbus zurück zum Karlsberger Hof abgeholt zu werden. Dort gab es einen Imbiss, Zeit für Fragen und zum Austausch sowie noch eine Führung von Sybille Weber mit Erläuterungen zur Historie des Schlosses und der Familie Weber (Inhaber der Brauerei Karlsberg).
Die Brauerei Karlsberg hat ihren Namen tatsächlich vom Karlsberg. Die Familie Weber übernahm im 1878 die bankrotte Homburger Brauerei Jacoby und benannte ihre Brauerei dann nach dem Schloss Karlsberg (Historie Brauerei Karlsberg). Sybille Weber ist die Schwester des Firmenchefs 😉
Beim Tweetwalk entführten uns die Kunsthistorikerin Dr. Jutta Schwan und die Kammerzofe Henrietta, seit 1793 Kammerzofe des Herzogs Karl, in die fantastische und glamouröse Welt vom Schloss Karlsberg vor über 230 Jahren. Schwan entpuppte sich als ein wahrer Fundus zu Entwicklungen, Hintergründen, Fakten und Zusammenhängen. Kammerzofe Henrietta, dargestellt von Monika Link, begleitete die Führung mit Anekdoten und Hintergrundgeschichten in sehr anschaulicher und amüsanter Weise.
Anschließend, nach einem Imbiss im Karlsberger Hof, führt uns Sybille Weber durch das ehemalige Ökonomiegebäude des Karlsberger Schlosses. Die Stiftung Karlsberger Hof
… wurde 1993 von Dr. Paul Weber gemeinsam mit seiner Frau Liselotte ins Leben gerufen und hat sich – heute unter dem Vorsitz von Dr. Richard Weber – u. a. der Bewahrung des historischen Erbes von Schloss Karlsberg verschrieben. Gemeinsam mit dem Saarpfalz-Kreis, der Stadt Homburg und den beiden Ländern Saarland und Rheinland-Pfalz werden im „WaldPark Schloss Karlsberg“ behutsam ,die zum Teil noch erhaltene Relikte restauriert und wieder sichtbar gemacht, um so die Erinnerung an diese prachtvolle Barockresidenz wach zu halten.
(Saarpfalz-Kreis: Waldpark Schloss Karlsberg)
Mir hat der Tweetwalk in seiner Kombination mit Kunsthistorikerin und Kammerzofe sehr gut gefallen. Die Mischung aus Fakten, Erzählung, Anekdoten, Gerüchten, historischen Herleitungen in der faszinierenden Wald-Umgebung empfand ich als einzigartig. Das Ambiente im Karlsberger Hof zusammen mit den begeisterten Erzählungen Sybille Webers begeisterten mich – auch wenn mein kleiner Kopf die ganzen Fakten nicht behalten konnte.
Tipp: Wenn Ihr einmal bei einer Führung der Kammerzofe Henrietta teilnehmt, dann fragt sie nach der Pelikan-Geschichte mit Mannlich und dem Herzog (noch ein Tipp: Der Fischhändler spielt eine Rolle). Oder nach dem Feuerwerk. Oder nach…
Herzog Karl und Schloss Karlsberg
Das Schloss wurde Ende des 18. Jahrhunderts gebaut, doch es gibt es schon lange nicht mehr. Die französischen Revolutionstruppen eroberten es 1793 und brannten es später nieder.
Schloss Karlsberg wurde 1778–1788 von Herzog Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken auf dem 366 m hohen Buchenberg (heute Karlsberg) bei Homburg errichtet. Das glanzvolle Schloss in Bruchhof-Sanddorf bestand nur wenige Jahre. Von der Schlossanlage ist heute einzig das Baumagazin erhalten.
(Seite „Schloss Karlsberg“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. August 2017, 13:08 UTC. (Abgerufen: 24. September 2017, 12:32 UTC))
Herzog Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken hatte eigentlich schon eine Residenz in Zweibrücken. Doch er kaufte einen zum Verkauf anstehenden Gutshof, angestiftet und überzeugt von seiner Mätresse Caroline Auguste von Esebeck. Sie soll ihn sogar zu einem Picknick dort eingeladen haben, damit er den Hof kauft. Schließlich gab er wohl nach (und auf) und baute dort seine Anlage Schloss Karlsberg.
Ein paar Jahre lang muss es da wohl richtig herzöglich und sogar fürstlich hergegangen sein. Nicht zuletzt, weil Herzog Karl sich der Thronfolge in Bayern sicher zu sein glaubte, gab er kräftig Geld aus. Und schließlich war des Herzogs Frau aus dem sächsischen Königshaus, da musste der Verwandtschaft wohl etwas geboten werden. Auch damals gab es Fake-News, so berichtete Kammerzofe Henrietta. Der Herzog hatte einmal erfahren, dass der bayerische Fürst gar heftig erkrankt und dem Tode näher sei und er, der Herzog, dem Erbe näher sei. Aber es war eben nur eine Fake-Nachricht.
Herzog Karl scheint in einigen Dingen etwas eigen gewesen zu sein. Niemand durfte beispielsweise ohne seine Erlaubnis auf den Karlsberg.
Ich wusste aber, daß niemand, ohne ausdrückliche Erlaubniß des Herzogs, sich dem Carlsberg nähern, viel weniger seine Merkwürdigkeiten besehn darf.
(Adolph Freiherr von Knigge, 11. Mai 1792 (Informationstafel bei Schloss Karlsberg))
Johann Christian von Mannlich war der Generalbaudirektor des Herzogs und leitender Architekt für die Schlossanlage. Eigentlich war Mannlich Maler, aber er war auch so etwas wie das Faktotum des Herzogs. Irgendwann holte sich der Herzog eine Bildergalerie, Mannlichs Frau bestand darauf, dass er sich mit Naturalien statt mit Geld entschädigen ließ, denn der Herzog war bereits hoch verschuldet.
Mannlich rettete 1793 während der Besatzung durch die französischen Truppen vieles aus dem Schloss. So gibt es von dort Möbel in der Münchner Residenz sowie Bilder in der Münchner Pinakothek. Der Herzog selbst war kurz vor der Eroberung des Schlosses mit einer Kutsche geflüchtet und lebte im Exil in Mannheim. Nach einem halben Jahr fackelten die Revolutionstruppen das Schloss ab. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Gebäude und Einrichtungen geblündert, und beispielsweise wurden die Steine für andere Bauten genutzt.
Wo das riesige Schloss einmal stand, gibt es jetzt eine wunderbare Landschaft mit Überresten des Schlosses, der Orangerie, der Menagerie, Pavillons und mit Weihern zu entdecken. Wo früher eine offene Landschaft das Schloss des Herzogs auf dem Karlsberg umgab und fantastische Aussichten bot, dort ist jetzt eine Waldlandschaft mit Pfaden, Wegen, Weihern und Überresten der großen Schlossanlage.
Der größte Teil des Geländes ist heute Saarforst, ein kleiner Teil gehört zu Rheinland-Pfalz.
Das einzig noch vorhandene Gebäude neben dem Baugebäude ist die Orangerie, wenn auch nur als ein paar Überreste. Die Orangerie mit ihren großen Räumen und Sälen wurde im Sommer als Fest-Räumlichkeit genutzt. Ursprünglich war sie als Meierei geplant, doch der Herzog entschloss sich um. Die Fundamente wurden dann für die Orangerie genutzt, doch die Sonnenlage war dadurch eigentlich gar nicht günstig.
Sogar eine Menagerie gab es im Schlosspark des Karlsbergs, in der für damals seltene und exklusive Tiere waren. Doch auch von der Menagerie sind nur noch die Fundamente zu sehen. Dennoch oder gerade deswegen hat dieser Platz seine Faszination für mich.
Vielen Dank an die Saarpfalz-Touristik für die Einladung sowie an alle Organisatoren, Unterstützer und Helfer wie beispielsweise Dr. Jutta Schwan, Kammerzofe Henrietta und Sybille Weber und die Stiftung Karlsberger Hof.
Alle Fotos
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Alle Fotos sind im Flickr-Fotoalbum „Tweetwalk Schloss Karlsberg“.