Nach einem kurzfristigen Besuch in der Straußwirtschaft Richtarsky in Grolsheim gibt es von mir eine Empfehlung für den Familienbetrieb mit freundlichem Flair, klassischem Innenhof und genussvollem Wohlfühlen.
Im Juli erhielt ich von Laura Stolz aus der Sprendlingen-Gensingen den Hinweis, dass es in Grolsheim eine neue Straußwirtschaft im Weingut Richtarsky (Kirchstraße 1, 55459 Grolsheim) gäbe. Ich bin für solche Hinweise immer gerne zu haben, denn immer noch möchte ich meine Heimat und ihre Genüsse weiter kennenlernen.
Ich kann nicht anders, es ist meine Natur🍀.
So überzeugte ich Manuela, doch samstagabends nach Grolsheim zu fahren.
Inhaltsverzeichnis
Straußwirtschaft im Innenhof
Das Weingut liegt günstig am Nahe-Radweg (und nur etwa 250 m von der Nahe entfernt), direkt links neben dem Eingang zum Hof gibt es einen Radparkplatz. Wir parkten gegenüber am Straßenrand. Der Innenhof hat ein klassisches Kopfsteinpflaster und bildet das Zentrum des Weinguts. Für die Straußwirtschaft gab es mehrere Tische, am hinteren Ende war ein Grill, auf dem die Bratwürste zubereitet wurden.
Als Essen gab es Bratwurst mit Kartoffelsalat, Laugenbrötchen mit Grillkäse (vegetarisch), Pfirsischböddemsche (Pfirsischboden) und Obsttörtchen (vegan). Wir entschieden uns beide für Bratwurst und für Pfirsischböddemsche als Nachtisch. Da Manuela sich als Heimfahrerin angeboten hatte, trank sie eine Traubensaftschorle. Ich trank nacheinander Regent Weißherbst, Gelben Muskateller und Regent als Piffche (s.u.), jeweils für 2 Euro.
Wir haben uns auf Anhieb wohlgefühlt. Die Familie (s.u.) war immer sehr freundlich und zuvorkommend. Die Speisen schmeckten uns sehr gut, die Weine ebenfalls, und sie waren genau richtig für eine Straußwirtschaft.
Dieses Jahr noch an Augustwochenenden geöffnet
Dieses Jahr ist die Straußwirtschaft noch im August an vier Wochenenden geöffnet.
- 2. bis 4. August
- 9. bis 11. August
- 16. bis 18. August
- 23. bis 25. August
Die Öffnungszeiten sind jeweils freitags ab 18, samstags ab 14 und sonntags ab 11 Uhr.
Familienweingut
Die Geschichte unseres Weinguts reicht über sieben Generationen zurück in das Jahr 1770. Bereits im 18. Jahrhundert gab es hier auf dem Hof eine Gastwirtschaft. In alten Inschriften wird er Ludwigshof genannt, ein beliebter Vorname zu dieser Zeit: Ludwig Leonhard (* 02.02.1830) führte den Hof bis ihn mein Urgroßvater Wilhelm Ludwig Leonhard (* 21.05.1879) übernahm.
Das Weingut ist ein reines Familienunternehmen:
- Mutter Gertrud kümmert sich als gute Seele des Hauses mit Leib und Seele um die kulinarischen Bedürfnisse der Gäste.
- Frau Carolin kümmert sich um das Marketing. Sie ist außerdem Kultur- und Weinbotschafterin, die mehrere Kinderwingert (mehrmals im Jahr treffen sich Kinder und erleben die Entwicklung im Weinberg) betreut.
- Vater Gerd unterstützt im Außenbetrieb und ist der Handwerker der
Familie. - Schwestern Anika und Melanie unterstützen mit ihren Familien, wenn Hilfe gebraucht wird.
Holder
In Rheinhessen waren „Holder“ (in Kärcher Municipal aufgegangen) früher als Knicklenker-Trecker weit verbreitet. Ab und zu, aber nicht oft trifft man noch auf welche. So wie an jenem Tag, als ich einen Holder A10 von 1955 (Zulässiges Gesamtgewicht 1.200 kg, 10 PS) sah.
Der Holder ist noch voll fahr- und funktionstüchtig und wird an besonderen Anlässen auch noch vom Seniorchef ausgeführt.
Piffche
Da ich nicht nur Weinbotschafter, sondern auch Kulturbotschafter bin, gibt es hier noch ein wenig Kulturbildung.
Ein Piffche (auch Pfiffche oder Piffchen) ist eine im Rheingau und Rheinhessen – hier vor allem in Mainz und Worms – benutzte Volumenmaßeinheit für Wein. Sie entspricht 0,1 Liter und ist damit die kleinste Maßeinheit für dieses Getränk.
Die Herkunft des Namens ist unklar. Möglicherweise leitet sich das Wort aus dem alten Hohlmaß Pfiff ab. Eine andere Erklärung lautet, dass diese verhältnismäßig kleine Menge Wein wie ein kurzer Pfeiflaut sei oder in dieser Zeit getrunken werden könne.
Nicht bestätigt, aber auch wahrscheinlich ist die Vermutung, dass während der Besatzung von Mainz und Rheinhessens nach Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts die Einhaltung der Sperrstunde in den Gaststätten von Wachtleuten überwacht wurde. Der guten Ordnung halber – und vielleicht auch, um selbst noch einen kleinen Dämmerschluck zu nehmen – pfiffen diese mit ihrer Signalpfeiffe bevor sie die Kneipen betraten. Dies bedeutete für alle Gäste im Umkreis: wir können die Zeit nach dem Pfiff – das ‚Piffche‘ – noch nutzen, um sich ein letztes kleines Gläschen zu genehmigen.
Ich favorisiere die Herleitung aus unserer französischen Zeit. „Klugscheißer-Modus„: Wir waren nicht nur besetzt, sondern wir waren dann sogar ein paar Jahre französisches Staatsgebiet im Département du Mont-Tonnerre.
Alle Fotos
Alle Fotos sind im Album „Straußwirtschaft Richtarsky“ auf Flickr.