Am Sonntag war ich zur Laurenziwallfahrt auf dem Laurenziberg. Die Prozession und die Pferdesegnung hatte ich verpasst, immerhin bekam ich noch einen Teil des Wallfahrtsgottesdienstes mit. Danach genoss ich in der Gutsschänke Altes Kelterhaus im Weingut Lich ein bodenständiges Gericht. Zum Abschluss war ich noch im Vespergottesdienst und traf danach sogar Pater Otto wieder. Ihn hatte ich beim Seminar im Juni kennengelernt.
Schon länger wollte ich in der Gutsschänke Altes Kelterhaus vom Weingut Lich einkehren. Und immer mal wieder hatte ich in den letzten Jahren von der Laurenzi-Wallfahrt gelesen. Als ich dann auf der Website des Weinguts las, dass die Gutsschänke anlässlich der Laurenziwallfahrt geöffnet sei, habe ich mir sofort einen Platz reserviert. Allerdings hatte ich Manuela zugesagt, sie an diesem Morgen zum Hauptbahnhof in Mainz zu fahren. So setzte ich sie gegen 10 Uhr dort ab und fuhr anschließend direkt nach Laurenziberg.
(Video: Laurenziwallfahrt auf dem Laurenziberg)
Inhaltsverzeichnis
Laurenziberg
Laurenziberg liegt etwa 3 km südwestlich von Gau-Algesheim (Google Maps), das wiederum etwa 3 km südwestlich von Ingelheim am Rhein liegt. Der Name bezeichnet sowohl den Ortsteil von Gau-Algesheim als auch den Berg, auf dem der Ortsteil mit der St. Laurentiuskirche liegt.
Ein Dorf auf dem Laurenziberg wurde erstmals am 1. November 767 mit der Bezeichnung „ad montibus“ in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Lorsch erwähnt. Eine zweite Erwähnung aus dem Jahr 795 findet sich in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda. Der deutschsprachige Name findet sich erstmals im Jahr 1158, zunächst als „Bergun“, später als „Bergen“, in der historischen Überlieferung. Für das 13. und 14. Jahrhundert lässt sich in regelmäßigen Abständen ein Adelsgeschlecht „von Bergen“ im Ort urkundlich belegen. Eine dem heiligen Laurentius geweihte Pfarrkirche wird erstmals 1307 erwähnt.
(Laurenziberg – Regionalgeschichte.net)
Zwischendrin wurde aus dem Dorf wohl nur ein einzelner Hof. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Ansiedlung inklusive der schon länger existierenden Kirche durch Brandschatzung zerstört, doch später wurde wieder ein Dorf daraus. 1764 tauchte dann zum erstmals die Bezeichnung „Laurenziberg“ auf. Vor etwas über 100 Jahren lebten dort in elf Gebäuden gerade einmal 64 Einwohner. Jetzt sind es auch nicht viel mehr, doch immerhin 200 Einwohner soll Laurenziberg haben.
Laurentius von Rom
Der Namensgeber von Berg und Dorf, St. Laurentius, war ein römischer Diakon und Märtyrer.
Laurentius von Rom (* eventuell in Osca (Hispanien) oder Laurentum (Italien); † 10. August 258 in Rom) war ein römischer Diakon zur Zeit des Papstes Sixtus II. und starb als Märtyrer.
[…]
Laurentius ist der Schutzpatron vieler Berufsgruppen, die mit offenem Feuer zu tun haben, der Bäcker, der Bierbrauer, Textilreiniger und Köche. Als Diakon verwaltete Laurentius das Vermögen seiner Kirche, daher wird er auch oft von Berufsgruppen wie Archivaren und Bibliothekaren angerufen. Bei Hexenschuss, Ischias- und Hautleiden wird der hl. Laurentius ebenfalls angerufen.
St. Laurentiuskirche und Wallfahrt
Ich bin mir nach meiner Recherche nicht sicher, ob es zuerst Laurenziberg oder die Laurentiuskirche gab. Mir scheint es plausibel, dass die Ansiedlung einfach nach der Kirche genannt wurde.
Eine Kirche auf dem Laurenziberg – oder Bergen, wie es früher genannt wurde – wurde erstmals 1307 urkundlich erwähnt. Die Kirche ist dem heiligen Laurentius von Rom (gest. 258) geweiht. Bis ins 14. Jahrhundert hinein war die Kirche von Bergen die Mutterkirche der Filialkirchen von Appenheim, Dromersheim, Engelstadt, Gau-Algesheim, Nieder- und Ober-Hilbersheim und Ockenheim.
Am 29. Juni 1488 gewährt der Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg (gest. 1504; Amtszeit: 1484–1504) einen Ablass von 40 Tagen, wenn sie reumütig beichten und würdig kommunizieren. Einige Tage später – 16. Juli – erteilt er den Ortschaften von Gau-Algesheim, Ockenheim, Dromersheim, Aspisheim, Appenheim, Nieder-Hilbersheim, Ober-Hilbersheim die Erlaubnis am 10. August, dem Gedenktag des Hl. Laurentius mit ausgesetztem Allerheiligsten zur Kirche des Hl. Laurentius zu ziehen.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde der Weiler mitsamt der Laurentiuskirche durch Brandschatzung vollkommen zerstört. Die wenigen Überlebenden waren nach Gau-Algesheim geflüchtet. 10 Jahre nach Ende des Kriegs wurde der Weiler durch den Freiherren Georg Christoph Langwerth von Simmern (1636–1672) wieder aufgebaut. Für die wiederangesiedelten Untertanen wurde neben der abgebrannten Kirche eine kleine Kapelle errichtet, die man erneut dem Hl. Laurentius und den Hll. Rochus (um 1295–1327) und Sebastian (gest. um 288) weihte. Die große Pestwelle im Jahr 1666 und die darauffolgende Viehseuche 1670 führten zu einer Wiederbelebung der Wallfahrt. Nun wurden auch Pferde gesegnet, die als Nutztiere fundamentale Bedeutung für die Menschen hatten.
(Wallfahrtskirche St. Laurentius in Laurenziberg – Regionalgeschichte.net)
So wie bei sehr vielen Kirchen gab es auch in (auf?) Laurenziberg Vorgängerkirchen. So entstand beispielsweise die heutige und berühmte Wallfahrts-Rochuskapelle von Bingen erst 1895, nachdem die Vorgängerkirche einem durch Blitz entstandenen Brand zum Opfer fiel. Die Version davor wurde 1795 bei Beschuss durch deutsche und österreichische Truppen zerstört und dann durch die sie besetzenden französichen Truppen ausgebeutet. Die jetzige Laurentiuskirche gibt es immerhin schon etwas über 300 Jahre, doch ihr heutiges Erscheinungsbild erhielt sie erst im Jahr 1905 durch eine „Gotisierung“, als man sie im Hype um den neugotischen Baustil umgestaltete und erweiterte.
Die Laurenziwallfahrt mit Prozession, Pferdesegnung und Wallfahrtsgottesdienst
Der Laurenziberg zählt neben dem Jakobsberg und dem Rochusberg zu den „drei heiligen Bergen im Binger Land“
Jeweils an dem Sonntag, der dem Gedenktag des hl. Laurentius, dem 10. August am nächsten liegt, zieht um 7.45 Uhr von der Gau-Algesheimer Pfarrkirche St. Cosmas und Damian die Prozession zur St. Laurenzikirche auf den Laurenziberg.
Hierbei wird die aus dem Jahr 1763 stammende barocke Laurentiusfigur, geschmückt mit Blumen und frühen Trauben von jungen Frauen und Männern des jeweiligen Kerbejahrgangs und die Laurentiusfahne von 1863 mit getragen. Auf ihrem Weg von der Pfarrkirche zum Berg schließen sich der Prozession viele Gläubige an, die betend und singend von der Kath. Kirchenmusik begleitet, nach etwa 1¼ Stunden die ca. 3 km entfernte St. Laurenzikirche auf dem Berg erreicht. Kurz vor den ersten Häusern des Weilers Laurenziberg wird das alte, barocke Laurentiuslied angestimmt. Auf dem Berg erwarten Wallfahrer aus den umliegenden Orten, aus dem Rheingau, von der Nahe und dem Hunsrück die Ankunft der Prozession.
(Laurenziwallfahrt zum Laurenziberg bei Gau-Algesheim – Pfarrei St. Cosmas und Damian Gau-Algesheim)
Schade, die Prozession hätte ich gerne gesehen. Vielleicht fahre ich nächstes Jahr nach Gau-Algesheim, nehme an der Prozession teil und laufe anschließend wieder zurück.
Auch die Pferdesegnung vor der Laurenzikirche um 9:15 Uhr hätte ich gerne gesehen. Und gerne hätte ich den Wallfahrtgottesdienst vor der Laurenzikirche ab 9:30 Uhr komplett mitbekommen. Ich kam kurz nach halb elf Uhr an, und bekam so immerhin noch etwa eine Viertelstunde mit. Die Atmosphäre war durchaus beeindruckend, ein paar hundert Wallfahrer und Gäste hatten sich vor dem Außenaltar der Kirche versammelt.
Gutsschänke Altes Kelterhaus
Anstelle danach zum Zelt hinunterzugehen und am Fest der Begegnung (Ausschankhütte, Festzelt) teilzunehmen ging ich ein paar dutzend Meter zum Weingut Lich. Gut, dass ich einen Platz reserviert hatte. Wobei – als einzelne Person hätte ich mich sicherlich noch irgendwo dazu setzen können. Auf allen Tischen lagen Zettel mit einem Namen und einer Angabe der Personenanzahl.
Von der Terrasse gibt es eine sehr schöne Aussicht auf das Eckelsbachtal und darüber hinweg auf die Weinberge des Jakobsbergs. Nach rechts hin konnte ich in der Ferne sogar den Taunus erkennen. Vor der Platzreservierung hatte ich bereits auf der Website gesehen, dass es Leberklöße mit Sauerkraut und Kartoffelpüree geben würde. Nun, dies ist ein Gericht, das ich nur selten esse. Dafür genieße ich es umso mehr, wenn ich micht bei Kerb oder eben bei der Laurenziwallfahrt darauf … stürzen kann.
Getränke gab es an einer Ausschanktheke, das Essen wurde direkt am Tisch bedient und kassiert. Ich habe mich da sehr wohlgefühlt, es herrschte eine schöne familiäre Atmosphäre. Tatsächlich schienen sich viele der Gäste zu kennen.
Vespergottesdienst in der Laurenzikirche
Im Innern der Laurenzikirche begann um 13 Uhr der Vespergottesdienst. Ich bin zwar mit den katholischen Regeln nicht vertraut, und ich habe auch nicht mitgesungen. Etwa 90 Prozent des Gottesdienstes bis 13:40 Uhr bestand aus Gesang. Während beim Wallfahrtsgottesdienst ein paar Hundert teilnahmen, waren es jetzt nur noch knapp 40 Personen. Doch auf der Empore war ein Chor, der mitsang, wodurch ich wirklich schöne und voluminöse Gesänge erlebte.
Nach dem Vespergottesdienst traf ich noch Pater Otto, den ich im Juni beim Seminar kennengelernt hatte: „Vom gerechten Maß – über Regeln, Rituale und das Leben„.