Für 2020 plane ich ein Buch über den Jakobsweg Rheinhessen. Letzte Woche wanderte ich zur Vorbereitung die Etappe 1 von Bingen aus über den Rochusberg nach Ockenheim, auf den Jakobsberg und nach Laurenziberg. Von dort aus ging es im Dünbachtal bis nach Appenheim und von dort durch das Welzbach-Tal über Unter-Hilbersheim nach Ober-Hilbersheim.
Mein Buch über die Jakobswege in Rheinhessen ist inzwischen erschienen und beispielsweise im Autorenwelt-Shop erhältlich.
„Jakobswege Rheinhessen – Wandern auf historischen Pilgerpfaden“
Der Jakobsweg Rheinhessen (auch: „Rheinhessischer Jakobsweg“) der St. Jakobusgesellschaft Rheinland-Pfalz-Saar führt auf etwa 73 Kilometer (so die Broschüre) von Bingen bis nach Worms. Die online verfügbaren Informationen über den Jakobsweg sind spärlich und nur wenig detailliert. Die Wanderung diente mir dazu, die genaue Streckenführung herauszufinden und erste Erfahrungen zu machen.
Absehbar für eine Wanderung durch das rheinhessische Hügelland sind die Herausforderungen Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten sowie die ÖPNV-Anbindung. Der Startpunkt Bingen ist per Bahn und Bus natürlich sehr gut zu erreichen, auch eine Übernachtung ist dort recht gut möglich.
Bei der Wanderung bemerkte ich, dass es wenige Wegemarkierungen gibt. Häufige Markierungen wie bei einem Premiumweg sind nicht zu erwarten. An manchen Stellen sind Steine mit einer Muschel auf blauem Hintergrund am Boden. Doch welche Richtung der Jakobsweg weitergeht, verraten diese Muscheln nicht. Immerhin sind an diesen Stellen oft Tafeln mit allgemeinen Informationen über den Jakobsweg und vor allem Informationen über die entsprechende Ortschaft oder Stelle. Gelegentlich gibt es Pfeilmarkierungen (blaue Pfeile auf weißem Hintergrund). Doch manchmal sind sie ziemlich verblasst, oder auch schon einmal stark beschädigt.
Beim Wandern lassen sich aber die generelle Richtung und meistens auch der zu nehmende Weg erkennen. Schließlich wollte und musste ich mich nicht sklavisch an einen Weg halten.
Vom Bahnhof in Bingen bis nach Ober-Hilbersheim zur Bushaltestelle wanderte ich an diesem Tag 26 Kilometer. Allerdings habe ich ein paar Schlenker dabei, und außerdem verließ ich im letzten Viertel ab Appenheim den Jakobsweg. Dieses letzte Viertel werde ich noch einmal wandern müssen. Meine Schuld (siehe unten).
Neben der eigentlichen Strecke mit ihren 4 Etappen gibt es für den Jakobsweg Rheinhessen zwischen Bingen und Worms noch Alternativrouten sowie Schleifen. Die werde ich später auch noch recherchieren.
Inhaltsverzeichnis
- Bingen Bahnhof (Stadt)
- Bingen Hindenburganlage
- Touristinformation Bingen
- Burg Klopp
- Rochusberg und Rochuskapelle
- Ockenheim
- Jakobsberg, 14-Nothelfer-Kapelle und Jakobskloster
- Kapelle Laurenziberg
- Dünbachtal
- Appenheim
- Nieder-Hilbersheim
- Ober-Hilbersheim
- Das leidige Thema ÖPNV
- Zusammenfassung
- Newsletter
- Neues aus Rheinhessen über Wandern, Genuss und Kultur
Bingen Bahnhof (Stadt)
Mein Startpunkt war der Binger Bahnhof (Stadt, nicht zu verwechseln mit dem Hauptbahnhof). Ich war mit dem Auto von Selzen nach Bingen gefahren. Entlang der Hafenstraße gibt es reichlich kostenlose Parkplätze. Erst nach dem alten Zollamt, in Richtung Westen, kosten die Abstellplätze etwas. Von der Hafenstraße aus gibt es eine Fußgängerunterführung, durch die man direkt zum Bahnhof gelangt.
Bingen Hindenburganlage
Ich machte jedoch zunächst einen Abstecher durch die Hindenburganlage und entlang des Rheins. Das wunderschöne (leider auch sehr kalte und windige) Wetter ermöglichte eine sehr schöne Aussicht auf Rhein, Mäuseturm, Binger Loch, Burg Ehrenfels und das Niederwalddenkmal. Zurück nahm ich die Unterführung und begann die eigentliche Wanderung am Bahnhof.
Touristinformation Bingen
Vom Bahnhof aus sind es nur etwa 250 Meter bis zur Touristinformation Bingen (Rheinkai 21, 55411 Bingen am Rhein). Dort bekam ich sowohl einen Pilgerpass für den Jakobsweg, als auch die Broschüre der St. Jakobsgesellschaft Rheinland-Pfalz-Saar. Die Broschüre hatte ich zuvor vergeblich versucht, in zwei angegebenen Buchläden sowie in der Touristinformation Ingelheim zu erhalten. Anscheinend, zumindest im Regal, war mein Exemplar auch das letzte in der Binger Touristinformation Bingen. In den Pilgerpass bekam ich direkt meinen allerersten Stempel.
Burg Klopp
Durch die Stadt ging ich hoch zur Burg Klopp, von wo der Ausblick auf Rhein-Nahe-Eck und das Rheintal noch einmal ein Höhepunkt war. In der Burg Klopp ist die Stadtverwaltung untergebracht, und dort bei der Infostelle gab es einen weiteren Stempel, dieselbe Ausführung übrigens wie in der Touristeninformation.
Rochusberg und Rochuskapelle
Der Jakobsweg führt von Bingen über den Rochusberg nach Ockenheim. Zwar führt er am Hildegardforum vorbei (wo man einen Stempel bekommt, wenn es offen hat…). Allerdings übergeht der Pilgerweg die Rochuskapelle und die wunderschöne Anlage mit Außenaltar, die Bethlehemkapelle, Goethe-Ruhe sowie das Kemptener Eck.
Ich habe mir den kleinen Umweg gegönnt. In einem Schlenker am Oblatenkloster vorbei ging es dann zurück zur Höhe und dem Jakobsweg, der dann nach etwa 3,5 Kilometer bis nach Ockenheim führt.
Ockenheim
In Ockenheim habe ich nicht nach einer der beiden angegebenen Stempelstellen gesucht. Eine Überraschung war für mich die katholische Kirche St. Peter und Paul. Ich betrat die Kirche durch die offene Tür und war richtig begeistert von der Barockkirche.
Jakobsberg, 14-Nothelfer-Kapelle und Jakobskloster
Oben auf dem Jakobsberg ist das Jakobskloster. Ich schaute mich ein wenig um, und dann machte auch glücklicherweise gerade der Klosterladen des Klosters Jakobsberg nach der Mittagspause wieder auf. Dadurch konnte ich mir einen weiteren Stempel holen. Vom Klosterladen aus ist auch eine Toilette zugänglich.
Als ich beim Weggehen kurz an dem kleinen Weiher verhielt, fiel mir tatsächlich ein, dass ich schon seit dem frühen Morgen Kaffee in meinem Thermosbecher hatte. Und tatsächlich, er war noch heiß.
Kapelle Laurenziberg
Vom Kloster ging ich nach Laurenziberg und dort zur Kapelle. Auf der Infotafel des Pilgerwegs war vermerkt, dass an es an der Seitentür der Kapelle einen Stempel gäbe. Leider war an keiner der Türe ein Stempelkasten oder ein sonstiger Hinweis. Die Kapelle liegt wunderschön umgeben von einem Rasenstück und scheint erst vor wenigen Jahren renoviert worden zu sein. Vielleicht hat man danach vergessen, den Stempelkasten wieder anzubringen.
Dünbachtal
Von Laurenziberg aus ging es ins Dünbachtal hinunter und dann entlang des Dünbachs bis zum Welzbach.
Appenheim
Am Welzbach entlang ging ich auf der Hiwweltour Bismarckturm bis nach Appenheim. Eine Kennzeichnung des Pilgerwegs vermisste ich leider. Doch kurz nachdem die Hiwweltour an der Hundertguldenmühle nach links abgebogen war (und ich weiter nach Osten gegangen war) fand ich wieder eine Informationstafel und eine (fast nicht mehr erkennbare) Pfeilmarkierung.
Dort hätte ich eigentlich laut Beschreibung einen asphaltierten Weg am Hang hinauf und in einem weiten Bogen weitergehen sollen. Und hier stellte ich mir in meinem Übereifer selbst ein Bein.
Ich entschied mich für einen Feldweg, der im Tal idyllisch am Welzbach entlang führte. Leider half die idyllische Atmosphäre nicht darüber hinweg, dass der Weg oft sehr nass, feucht und matschig war. Außerdem gibt es im Tal sehr viele Pfedekoppeln, so dass der Weg oft durch Fahrspuren und Hufspuren vermatscht ist. Das war für mich sehr reizvoll und ok, doch viele Wanderer und vor allem Pilgerer könnte das stören. Da ich den Abschnitt sowieso noch einmal wandern werde, habe ich ab da kaum noch Fotos gemacht.
Nieder-Hilbersheim
Als nächstes kam dazu, dass ich zwar bis nach Nieder-Hilbersheim gelangte, doch dort fand ich den Einstieg in den Jakobsweg nicht mehr. Vermutlich liegt er ein ganzes Stück oberhalb von Nieder-Hilbersheim an der Kreisstraße und führt durch den Wald. Ich jedoch ging weiter am Welzbach entlang. Hier war die Strecke nach einem kurzen matschigen Stück und anschließender Überquerung des Welzbachs dann sehr schön.
Ober-Hilbersheim
Doch auf den Jakobsweg stieß ich erst wieder in Ober-Hilbersheim. Ich kam etwa gegen 16 Uhr in Ober-Hilbersheim an und hatte bis zum Bus gegen dreiviertel Fünf genügend Zeit, um mir das kleine Zentrum sowie die katholische Kirche anzusehen.
Vor der katholischen Kirche gibt es einen Stempelkasten, den ich mit einem mit einer Kette daran befestigten Schlüssel öffnen konnte. Darin war ein ausgetrocknetes Stempelkissen. Außen hing an einem Draht ein Holzgriff. Daran war vermutlich einmal irgendwann ein Stempel…
Das leidige Thema ÖPNV
Rechtzeitig war ich an der Bushaltestelle, um mit der Linie 643 nach Gau-Algesheim und von dort mit der Bahn zum Binger Bahnhof und meinem Wagen zu fahren. Nachdem in der Bahn-App DB-Navigator alles gut und pünktlich ausgesehen hatte, wurde ich fünf Minuten nach der Abfahrtszeit doch etwas nervös und schaute erneut nach. Um 17:20 Uhr sollte der Bus erst kommen.
Langsam wurde es kalt, und so marschierte ich auf dem Bürgersteig ein paar Meter hin und her. Jemand aus dem Weingut neben der Haltestelle sprach mich an. In der kurzen Unterhaltung erfuhr ich, dass der Bus hier oft 10 Minuten Verspätung hätte. Und manchmal käme er gar nicht.
Einige Minuten später hat sich das bestätigt. Es war gegen 17:30 Uhr, und in der Bahn-App war der von mir vorgesehene Bus jetzt ohne Verspätung ganz normal für vor 17 Uhr angezeigt. Sprich: Dieser Bus würde nicht mehr kommen.
Dafür konnte ich dann immerhin um kurz vor 18 Uhr mit der Buslinie 643 in die entgegengesetzte Richtung über Engelstadt und Schwabenheim nach Ingelheim fahren. Dort durfte ich dann in auf einen verspäteten Zug warten, mit dem ich nach Bingen fuhr.
Zusammenfassung
Das Wandern des Jakobsweg erfordert eine gewisse Flexibilität. Der Busausfall sowie die Zugverspätung haben meine bisherigen Lehren mit dem ÖPNV in Rheinhessen bestätigt: Kalkuliere mindestens einen Verbindungsausfall ein, und rechne für eine Nachhausefahrt nie mit der letzten oder vorletzten Verbindung. Denn ansonsten hängst Du irgendwo mitten in Rheinhessen fest, wo es nirgendwo eine Möglichkeit zum spontanen Übernachten gibt.
In Appenheim, Nieder-Hilbersheim und Ober-Hilbersheim gibt es keine Möglichkeit zum Einkauf. Einkehren in der Mittagszeit schien ebenfalls nicht möglich. In Ockenheim gibt es zumindest einen Rewe-Markt, doch das bedeutet einen Umweg von etwa einem Kilometer. Einkehren ist auf der Strecke unter Umständen abends am Wochenende möglich. Doch insgesamt ist es so, wie ich es erwartet habe: Für eine Wanderung auf dem Jakobsweg Rheinhessen muss ein Wanderer auf Eigenverpflegung setzen.
Eine Wanderung der kompletten Strecke mit aneinanderhängenden Etappen bedeutet, dass Übernachtungen langfristig geplant werden müssen. Vereinzelt gibt es wohl Ferienwohnungen sowie die Möglichkeit bei einer Kirchengemeinde eine Übernachtung zu erhalten.
- Komplettwanderung aller Etappen an aufeinanderfolgenden Tagen: Langfristige Planung mit Übernachtungen (wird schwierig, werde ich genau recherchieren müssen) und eigener Verpflegung (durchaus machbar).
- Vier Etappen für die Hauptroute sind nach meiner Einschätzung das Minimum, wenn man eine Komplettwanderung von Bingen nach Worms macht. Legt man noch Schleifen ein, dann sollte man mehr Etappen daraus machen.
- Einzeletappen: Eigene Verpflegung und viel Puffer für ÖPNV-Verspätungen oder Verbindungsausfälle (morgens hin, abends wieder zurück – oder zumindest zurück zum Auto).
- Bei Einzeletappen wird es mit vier Etappen von Bingen nach Worms sehr, sehr knapp. Wenn ich vernünftige Puffer für ÖPNV einrechne, sollten es womöglich fünf Etappen werden.
- Ich bin diese Etappe einfach nur gewandert. Viel Zeit für die Sehenswürdigkeiten oder fürs Genießen brauchte ich nicht, da ich die Gegend und die interessanten Punkte ja schon kenne. Da muss ich noch einmal in mich gehen.
- Recherchen, Recherchen, Recherchen sind fällig für Übernachtungen, Stempelstellen und Einkehrmöglichkeiten.