Off-Topic hier im Blog aufgrund eigener Erfahrungen in den letzten Wochen. Was braucht Ihr, wenn Ihr krank werdet, einen schweren Unfall habt oder zum Pflegefall werdet? Oder wenn dies einem Angehörigen passiert? Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung, Testament und eine Bankvollmacht.
Wir haben inzwischen den zweiten akuten Pflegefall in der Familie seit vor Weihnachten. Eine Person ist ein paar hundert Kilometer entfernt. Manuela ist dort seit vor Weihnachten. Viele Dinge müssen geregelt werden, für die meisten funktioniert das erfahrungsgemäß nur vor Ort.
Die zweite Person ist seit dieser Woche im Krankenhaus. Dort ist aufgrund der Coronalage ein persönlicher Besuch bereits seit 29. November nicht mehr möglich, ebenso sind alle planbaren Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschoben. In diesem Krankenhaus erfolgen Auskünfte über Patienten nur in einer Ärztesprechstunde zwischen 15 und 16 Uhr. Grundsätzlich dürfen Informationen über den Zustand eines Patienten nur bei Vorliegen einer Vollmacht erteilt werden, die gibt es leider in diesem Fall nicht. Ich versuche mein Glück dennoch. Nachtrag: Eine Ärztin der Station hat mir nach ausführlicher Befragung über mein Verhältnis zur Patientin und die Familienzusammenhänge Auskunft über den gesundheitlichen Zustand erteilt.
Wenn man sich beispielsweise um Pflegegrad, Besuche des Pflegedienstes, Zugriff auf Bankkonten oder ähnliche Dinge kümmern will beziehungsweise muss, dann ist eine Vollmacht unabdingbar. Eine Kopie (auf Papier oder elektronisch) kann hilfreich sein, aber normalerweise muss das Original vorgelegt werden. Man weiß nie, wie plötzlich das Original notwendig ist.
Bei plötzlicher schwerer (oder sich verschlimmernder) Krankheit oder einem schweren Unfall wird unmittelbar benötigt eine Vorsorgevollmacht. Sollte es schlimmer werden, gegebenenfalls eine Betreuungsverfügung. Wird es ganz schlimm, dann muss eine Patientenverfügung her. Und für den allerschlimmsten Fall sollte ein Testament vorhanden sein. Je schlimmer es wird, umso notwendiger ist eine Bankvollmacht, sicherheitshalber sollte es eine Bankvollmacht über den Tod hinaus sein.
Denkt nicht, solche Dinge könne man nach und nach und bei Bedarf regeln. Aus einer kleinen, vielleicht zunächst übersehenen Infektion (beispielsweise Hepatitis-C) kann schnell eine Notsituation werden. So gut und vorsichtig Ihr im Alltag seid: Plötzlich rast jemand in Eurer Auto, Euer Fahrrad oder auf den Bürgersteig. Ihr werdet alt und schwach – und plötzlich, von einem Tag auf den anderen, fallt Ihr hin und der Notarzt kommt. Dann liegt Ihr auf der Intensivstation, doch wer darf über Maßnahmen entscheiden? Wer bezahlt die Rechnungen?
Plötzlich verwechselt Ihr links und rechts, wisst den Wohnort Eures Sohnes nicht mehr. Dann stellt sich wie bei meinem Vater vor 10 Jahren heraus (Über den Regenbogen), dass Ihr ein Glioblastom (Hirntumor) und nur noch wenige Monate oder gar Wochen zu leben habt.
Im Folgenden ein paar persönliche Hinweise zum Einstieg in die Themen. Sie stellen keine rechtliche Beratung dar und können eine gründliche Einarbeitung in das Thema nicht ersetzen.
Inhaltsverzeichnis
Meine Empfehlungen
Wir haben seit einigen Jahren für uns selbst Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung, Testament und Bankvollmachten. Aus unseren Erfahrungen habe ich folgende Empfehlungen für Euch:
- Sucht Euch Angehörige oder Freunde, die für Euch handeln sollen (und wollen), wenn dies notwendig ist!
- Stellt Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung für diese Person(en) aus!
- Macht Euer Testament!
- Erteilt Bankvollmacht über den Tod hinaus!
- Drängt Eure Angehörigen (Ehe-/Partner, Eltern, Geschwister, Kinder) dazu, das ebenfalls zu tun!
- Achtet darauf, dass Vollmachtnehmer immer wissen, wo die Originale sind!
- Wenn Ihr Vollmachtnehmer seid und gebraucht werdet: Schnappt Euch die Originale, bevor ihr irgendwo hin fahrt/fliegt. Auch, wenn es zunächst aussieht, als sei es „nicht so schlimm„!
- Habt elektronische Kopien (PDF, Fotos) der Vollmachten und Verfügungen auf Eurem Smartphone! Die sind nicht rechtsverbindlich, aber sie erleichtern den Einstieg in ein Gespräch / Telefonat („Ich schicke Ihnen gerne vorab eine Kopie der Vollmacht per E-Mail„). Damit lassen sich viele Maßnahmen vorab besprechen und vorbereiten.
Das spart Zeit, Aufregung und Nerven. Mindestens.
All diese Vollmachten erfordern sehr viel Vertrauen, ich weiß. Aber wenn Ihr niemandem so weit traut, dann denkt einmal darüber nach. Im Fall der Fälle werdet Ihr es ansonsten bereuen.
Tipp: Denkt daran, dass das Zusammenleben mit einem Partner auch bedeutet, dass Ihr oft und lange mit ihm/ihr zusammen seid und beispielsweise bei einer Fahrt gemeinsam im Auto sitzt. Damit teilt ihr nicht nur Euer Leben sondern auch Eure Risiken. Deswegen ist es sinnvoll, Vollmachten nicht nur sich gegenseitig sondern auch jemandem zu erteilen, der nicht ständig bei Euch ist.
Vorsorgevollmacht
Mit der Vorsorgevollmacht können Sie einer anderen Person das Recht einräumen, in Ihrem Namen stellvertretend zu handeln. Die Vorsorgevollmacht kann sich auf die Wahrnehmung bestimmter einzelner oder aber auch aller Angelegenheiten beziehen. Sie können vereinbaren, dass von der Vorsorgevollmacht erst Gebrauch gemacht werden darf, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, über ihre Angelegenheiten zu entscheiden. Die Vorsorgevollmacht gibt Ihnen die Möglichkeit, die Bestellung eines Betreuers oder einer Betreuerin durch das Betreuungsgericht zu vermeiden. Sie sollten aber nur eine Person bevollmächtigen, der Sie uneingeschränkt vertrauen und von der Sie überzeugt sind, dass sie nur in Ihrem Sinne handeln wird.
(Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung – Bundesministerium der Justiz)
Es geht um Gesundheitssorge (z.B. Einwilligung, Ablehnung von Eingriffen, Einsehen von Krankenunterlagen), Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten (z.B. Bestimmung des Aufenthalts, Mietvertrag), Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Vermögenssorge (Rechtsgeschäfte, Zahlungen vornehmen), Post- und Fernmeldeverkehr (z.B. Vertragsabschlüsse, Post entgegennehmen), Vertretung vor Gericht und gegebenenfalls Betreuungsverfügung.
Betreuungsverfügung
Mit der Betreuungsverfügung kann jeder schon im Voraus festlegen, wen das Gericht als rechtlichen Betreuer oder rechtliche Betreuerin bestellen soll. Das Gericht ist an diese Wahl gebunden, wenn sie dem Wohl der zu betreuenden Person nicht zuwiderläuft. Genauso kann bestimmt werden, wer auf keinen Fall als Betreuer oder Betreuerin in Frage kommt. Möglich sind auch inhaltliche Vorgaben für den Betreuer bzw. die Betreuerin, etwa welche Wünsche und Gewohnheiten respektiert werden sollen oder ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird. Die Betreuungsverfügung kann auch mit einer Vorsorgevollmacht verbunden werden und würde dann zur Geltung kommen, wenn die Vorsorgevollmacht – aus welchen Gründen auch immer – nicht wirksam ist.
(Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung – Bundesministerium der Justiz)
Patientenverfügung
Mit der gesetzlich geregelten Patientenverfügung können Sie für den Fall der späteren Entscheidungsunfähigkeit vorab schriftlich festlegen, ob Sie in bestimmte medizinische Maßnahmen einwilligen oder sie untersagen. Der Arzt hat dann zu prüfen, ob Ihre Festlegung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Ist dies der Fall, so hat er die Patientenverfügung unmittelbar umzusetzen. In diesem Fall ist eine Einwilligung des Betreuers bzw. Bevollmächtigten in die Maßnahme, die dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis unterfiele, nicht erforderlich, da Sie diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen haben. Dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten obliegt es in diesem Fall nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen.
(Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung – Bundesministerium der Justiz)
Testament
Ein Testament kann handschriftlich erstellt werden.
(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.
(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.
(5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält.
(§ 2247 BGB Eigenhändiges Testament – Gesetze im Internet)
Ein notariell beglaubigtes Testament (vorgelesen, erläutert und beglaubigt durch Notar) ist bis auf die Unterschrift dann maschinell. Insbesondere, wenn es um Immobilien oder um hohe Beträge geht, dann ist ein notariell beglaubigtes Testament hilfreich, falls es zu Streitigkeiten kommt.
Steuerrechtlich kann es von Vorteil sein, eine Immobilie bereits zu Lebzeiten zu übertragen und dabei ein Nießbrauchrecht zu vereinbaren.
Der Nießbrauch ist in Deutschland das unveräußerliche und unvererbliche absolute Recht, eine fremde Sache, ein fremdes Recht oder ein Vermögen zu nutzen (§ 100 BGB; Nießbrauch an Sachen, § 1030 BGB; Nießbrauch an einer Erbschaft, § 1089 BGB).
Bankvollmacht
Kreditinstitute prüfen das Vorliegen einer wirksamen Vollmacht zur Vornahme von Bankgeschäften besonders streng. Sie wollen sich und ihre Kunden vor einem missbräuchlichen Zugriff auf das Kontoguthaben schützen. Bei der Vorlage einer einfachschriftlichen Vollmacht ist nicht ersichtlich, ob die Unterschrift echt ist und der Vollmachtgeber bzw. die Vollmachtgeberin zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsfähig war. Wir empfehlen daher, zur Erteilung einer Konto-/Depotvollmacht die Bank /Sparkasse in Begleitung der zu bevollmächtigenden Person persönlich aufzusuchen.
(Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung – Bundesministerium der Justiz)
Erteilt eine Bankvollmacht (insbesondere über den Tod hinaus) persönlich mit dem Vollmachtnehmer in einer Bankfiliale, damit es später nicht zu Problemen kommt. Überseht keine Bank und kein Kreditinstitut! Und in der Tat: Banken bestehen meistens auf ein persönliches Erscheinen! Falls Ihr keine Bankvollmacht über den Tod hinaus habt, verlangen Banken den Erbschein (und den bekommt nicht sehr kurzfristig).
Zusatztipp: Der Vollmachtnehmer sollte bereits zu Lebzeiten den praktischen Zugriff auf die Konten haben. Das bedeutet beispielsweise einen eigenen Zugriff auf das Online-Banking, also nicht mit den Zugangsdaten des Vollmachtgebers! Dann kann mal schnell eine Rechnung überwiesen oder ein Dauerauftrag erteilt werden, auch wenn die betroffene Person nur mit nicht lebensgefährlichen Blessuren für ein paar Wochen im Krankenhaus liegt.
Fragt nach, wie das bei Eurer Bank / Euren Banken läuft.
Personalausweis
Wenn eine Person stirbt, dann übernimmt üblicherweise das Bestattungsunternehmen viele der notwendigen Maßnahmen. Wichtig ist dafür ein gültiger Personalausweis der verstorbenen Person. Und fragt es Euch nach dem Testament, um nachzuweisen, dass ihr zu der Bestattung berechtigt seid.
Erbschein
Wenn im Todesfall kein Testament vorhanden ist, dann läuft es auf einen Erbschein hinaus (und manchmal auch dann, wenn ein Testament vorhanden ist, es aber angezweifelt wird). Mit dem Erbschein weist Ihr nach, dass Ihr Erbe seid und wie groß der Erbteil ist. Den Erbschein erhaltet ihr auf Antrag und gegen eine Gebühr von dem Nachlassgericht, das für den letzten Wohnort des Verstorbenen zuständig ist.
Hallo Frank,
vielen herzlichen Dank für diese Zusammenstellung der wichtigen Punkte und den weiterführenden Infos. Ich bin durch einen Tweet von Dir darauf gestoßen und für mich war das ein sehr guter Leitfaden zum Prüfen meiner eigenen Vorsorge. Ich habe dabei so manche Lücke entdeckt, die ich ohne Deinen Artikel übersehen hätte.
Beste Grüße
Finn
Hallo Finn, schön, dass dir der Beitrag geholfen hat! Viele Grüße, Frank